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Vor 325 Jahren: Ein Vertrag legt den Grundstein für Haiti

Vor 325 Jahren wurde der Frieden von Rijswijk unterzeichnet. Das Vertragswerk beendete den Pfälzischen Erbfolgekrieg - und wirkte sich auch auf die Besitzverhältnisse in der fernen Karibik aus.

Panorama-Blick auf die Küste bei JHaitis Hauptstadt Port-au-Prince. Foto: Adveniat/Martin Steffen

Panorama-Blick auf die Küste bei JHaitis Hauptstadt Port-au-Prince. Foto: Adveniat/Martin Steffen

Das Vertragswerk, dass die europäischen Mächte zwischen 20. September und 30. Oktober 1697 in den Niederlanden unterzeichneten, war mindestens ebenso kompliziert wie der Konflikt, den es beendete. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg ging es hauptsächlich um Besitzungen in Europa. Aber die Vereinbarungen, die vor 325 Jahren getroffen wurden, legten auch die Grenzen fest, die bis heute die Verhältnisse auf Hispaniola bestimmen. Die Karibikinsel wurde durch den Frieden von Rijswijk in ein spanisches und ein kleineres französisches Territorium unterteilt. Daraus gingen später die Dominikanische Republik und Haiti hervor.

Friedensvertrag regelte Besitz in der Karibik

Eine ebenfalls einschneidende Veränderung hatte sich bereits ein paar Jahrzehnte zuvor angebahnt. Ab 1644 kam der Zuckerrohranbau in die Karibik und löste eine "ökonomische Revolution" aus, wie Hans Christoph Buch in seinem "Nachruf auf einen gescheiterten Staat" schreibt. An die Stelle von kleinen Farmen traten "großflächige Pflanzungen und Manufakturen", auf denen "ein ständig wachsendes Heer von Arbeitssklaven" ackerte: unter erbärmlichsten Bedingungen, der Gewalt und Willkür der Großgrundbesitzer schutzlos ausgeliefert.

Ende des 18. Jahrhunderts lebten in der damals noch französischen Kolonie Saint-Domingue 500.000 meist aus Afrika stammende Sklaven. Einer von ihnen war Toussaint Louverture, der später einmal über sich sagen sollte: "Ich wurde als Sklave geboren, aber die Natur gab mir die Seele eines freien Menschen." In den Erschütterungen, die die Französische Revolution 1789 auch in Übersee auslöste, bekam der charismatische Toussaint mehr und mehr das Heft des Handelns in die Hand.

Touissaint Louverture - Freiheitskämpfer

Am 23. August 1791 entfaltete eine Revolte ihre volle Wucht, die das Sklavenwesen in der französischen Kolonie ins Wanken brachte. Einer der Protagonisten: Toussaint Louverture. Seine intellektuellen Fähigkeiten, aber auch sein Großmut gegenüber seinen Gegnern, seine militärischen Fertigkeiten, sein politischer Instinkt und die beinahe unheimliche Allgegenwart beschleunigten den Aufstieg Toussaints, dessen Vorfahren dem Volk der Allada aus dem heutigen Benin entstammten.

Nicht zuletzt dank seiner Reitkünste baute der "Zentaur der Savanne" ein Netzwerk quer durch die Regionen und Bevölkerungsschichten der Kolonie auf. Seine Kritiker setzten ihn mit den "abscheulichsten Ungeheuern der Geschichte" gleich. Für seine Bewunderer dagegen war er - in Anlehnung an den gleichnamigen Sklaven und Aufständischen im alten Rom - schlicht der "Schwarze Spartakus" - "Black Spartacus".

Abschaffung der Sklaverei 1801

In seiner unlängst erschienenen Biografie zeichnet Sudhir Hazareesingh das Bild einer Führungspersönlichkeit, die nicht zuletzt auf den Faktor Religion setzte. Toussaint verband Elemente des Voodoo und des Christentums. "Er erkannte auch die heilende Kraft der Religion in einer Kolonie, die durch Sklaverei und Krieg verwüstet war, und zog die Bedeutung des Katholizismus als Quelle für Disziplin und soziale Ordnung pragmatisch ins Kalkül", schreibt Hazareesingh.

Daneben pflegte der Revolutionär Kontakte zu Freimaurern und ließ sich durch die "Histoire philosphique des Deux Indes" von Guillaume-Thomas Raynal und Denis Diderot inspirieren; laut Hazareesingh "eine grundstürzende Anklage des europäischen Kolonialismus und der barbarischen Sklaverei". Während Toussaint 1801 ganz Hispaniola unter seiner Herrschaft vereinigen konnte und per Verfassung die Sklaverei "für immer" abschaffen ließ, erwuchs ihm im fernen Frankreich ein mächtiger Gegner.

Napoleon schickte Truppen

Napoleon wollte sich den direkten Zugriff auf die Kolonie sichern und schickte im Oktober 1801 eine Streitmacht von 20.000 Soldaten Richtung Karibik. Ein gutes halbes Jahr später wurde Toussaint festgenommen. Er starb am 7. April 1803 im Chateau de Joux im französischen Jura. Napoleons Truppen, durch Gelbfieber und Verluste dezimiert, konnten sich freilich nicht lange auf Haiti behaupten. Zu Jahresbeginn 1804 wurde aus der französischen Kolonie der erste unabhängige Staat in Lateinamerika.
Vor 325 Jahren nahm Haiti Kontur auf den Landkarten an. Doch Korruption, Kriminalität, Misswirtschaft überlagern schon viel zu lange den nachfolgenden Aufbruch unter Toussaint Louverture.

Autor: Joachim Heinz, kna

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