Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Haiti |

Haiti: „Was den Wiederaufbau angeht, bin ich optimistisch“

Der westliche Zipfel der im Süden Haitis gelegenen Halbinsel Tiburon war im Oktober 2016 von dem Hurrikan Matthew heimgesucht worden. Im August 2021 erschütterte ein Erdbeben dieselbe Region. Stephan Destin leitet die Wiederaufbauarbeiten des kirchlichen Baubüros „Proche“, dessen Arbeit vom katholischen Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat mitfinanziert wird. Thomas Milz hat mit ihm über den Fortschritt und Hindernisse beim Wiederaufbau gesprochen. 

Adveniat-Partner Jeanot Pierre (links), Priester im haitianischen Bergdorf Léon, mit Stephan Destin, Leiter des kirchlichen Aufbaubüros Proche. In Léon, eine Autostunde südlich von Jérémie ist die örtliche Kirche Dank Adveniat-Förderung wieder aufgebaut worden. Die Fundamente der neuen, erdbebensicheren Schule sind bereits gelegt. Foto: Thomas Milz

Adveniat-Partner Jeanot Pierre (links), Priester im haitianischen Bergdorf Léon, mit Stephan Destin, Leiter des kirchlichen Aufbaubüros Proche. In Léon, eine Autostunde südlich von Jérémie ist die örtliche Kirche Dank Adveniat-Förderung wieder aufgebaut worden. Die Fundamente der neuen, erdbebensicheren Schule sind bereits gelegt. Foto: Thomas Milz

Adveniat:  Wie ist die Sicherheitslage in Haiti? Man liest von Bandenkämpfen in der Hauptstadt Port-au-Prince, speziell um das Stadtviertel Cité Soleil. Wie ist die Lage?

Stephan Destin: Die Lage wird immer schlimmer. Es sind territoriale Kämpfe zwischen Gangs. Viele Menschen sterben im Kreuzfeuer dieser Kämpfe. Selbst in Wohnvierteln, die nichts mit den Auseinandersetzungen zu tun haben, verletzten und töten Kugeln Menschen. Viele haben Angst. Im Stadtviertel Cité Soleil, wo gerade die Kämpfe toben, haben wir ein Projekt, dessen Arbeiten aber gerade wegen der Kämpfe ruhen müssen.

Inwieweit erschweren die Kämpfe in Port-au-Prince Ihre Arbeit?

Unser Büro in Port-au-Prince ist nur drei Tage die Woche offen, denn oft gibt es kein Benzin oder Diesel in der Stadt. So arbeiten wir jetzt öfters von daheim aus. Das ist aber auch eine Antwort auf die Sicherheitslage. Wir wechseln unsere Anwesenheitstage ab, so dass wir kein leichtes Opfer für Entführungen sind. Einer unserer Mitarbeiter entging nur knapp einer Entführung vor einigen Monaten. Deshalb sind wir nun vorsichtiger. Es war noch nie so schlimm mit den Entführungen wie derzeit.

Wie sieht es im Süden des Landes aus, wo 2016 Hurrikan Matthew wütete und vor einem Jahr das Erdbeben stattfand? Geht es dort mit dem Wiederaufbau voran?

Wir haben gerade im Juli eine Kirche eingeweiht, die von Hurrikan Matthew zerstört worden war. Auch in der Stadt Jérémie ist eine weitere Kirche gerade fertiggestellt worden. Und in dem Bergdorf Léon (nahe Jérémie - Anm. d. Red.) ist die dortige Kirche Saint Paul Apôtre de Léon ebenfalls fast fertig. 

Sie wurde auch von Hurrikan Matthew zerstört?

Ja, das Dach wurde damals zerstört. Die Reparaturarbeiten werden übrigens von Adveniat mitfinanziert. Dort wird auch eine neue, erdbebensichere Schule gebaut, weil die alte Schule seit dem Erdbeben nicht mehr benutzt werden kann.

An anderen Orten gehen die Arbeiten langsamer voran…

Zum Beispiel die an der Kathedrale von Jacmel. Die dortigen Arbeiten leiden darunter, dass das Baumaterial nicht bis dahin gelangt, oder nicht in ausreichender Menge vorhanden ist. So können wir nicht so schnell vorankommen wie wir sollten. 

Deshalb werden wir wohl ein Büro im Süden eröffnen, um den Wiederaufbau der bei dem Erdbeben vom letzten Jahr zerstörten Gebäude zu organisieren. Dort einen Standort zu haben, wird viele Probleme lösen. Denn derzeit ist die Nationalstraße 2 (von Port-au-Prince in die Erdbebenregion - Anm. d. Red.) kaum zu nutzen. Sie wird von kriminellen Banden kontrolliert.

Im Süden ist deshalb das Baumaterial sehr teuer, weil es so schwierig und gefährlich ist, es dorthin zu transportieren. Port-au-Prince ist ein Flaschenhals, und eigentlich müssten wir Materialien direkt von den USA oder Europa nach Süd-Haiti bringen können. 

Es gab letztes Jahr die Idee, die Baumaterialien per Boot von Port-au-Prince in die Erdbebenregion zu transportieren, um den gefährlichen Landtransport zu umgehen. Was ist daraus geworden?

Das geht nicht, da wir nun Piraten in der Bucht von Port-au-Prince haben. Sobald man die Hafenregion der Hauptstadt verlässt, wird die Ware geklaut. 

Das Erdbeben hat viele kirchliche Gebäude beschädigt. Wie kann man eine derart große Aufgabe angehen?

Die Geldgeber haben uns erst einmal um eine Analyse von allen rund 500 betroffenen Gebäuden gebeten, die von dem Erdbeben in den drei Diözese betroffen sind, sprich in Jérémie, Les Cayes und Anse-à-Veau et Miragoâne. Manche Gebäude sind schwer, manche mittelschwer und andere leicht beschädigt, so dass man sie weiter nutzen kann. 

Wir werden nun den drei Bischöfen die Berichte mit unseren Empfehlungen vorlegen: Grün für Wiederaufbau, Gelb für riskante und Rot für nicht zu realisierende Projekte. Danach werden wir eine Idee haben, was der gesamte Wiederaufbau kosten wird. Und dann brauchen wir von jeder Diözese eine Prioritätenliste, um zu sehen, mit welchen Projekten wir starten. Wenn komplett neu gebaut werden soll, haben wir bereits Prototypen für neue Kirchen oder Pfarrhäuser entworfen. 

Angesichts der vielen Schwierigkeiten in Haiti: Wie ist denn Ihre Aussicht für die Zukunft: Sind Sie da eher pessimistisch oder optimistisch?

Was den Wiederaufbau im Süden angeht, bin ich optimistisch. Das wird passieren. Obwohl es gerade in Port-au-Prince so schwierig ist, und ich nicht weiß, wie man die Lage dort verbessern soll, geht es im Süden voran. Und ich bin mir sicher, dass viele Gebäude wieder aufgebaut werden, wie die Kathedrale von Jérémie. Aber auch in anderen Städten.

 

Ein Jahr nach dem Erdbeben in Haiti
Am 14. August 2021 erschütterte ein Erdbeben den Süden von Haiti. Über 2200 Menschen starben, Zehntausende Gebäude wurden zerstört. Die Adveniat-Partnerorganisation Proche baut die Gebäude wieder auf - unter schwersten Bedingungen.

Interview: Thomas Milz, Rio de Janeiro

Weitere Nachrichten zu: Soziales, Religion

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.

Datenschutz

Marketing-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer sind und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz