Landgrabbing in Brasilien: Deutsche Ärztekasse veräußert Beteiligung an Fonds
NRW-Finanzministerium: Aufsichtsbehörde blieb zehn Jahre inaktiv

Gerodetes Land für Sojawirtschaft: Indigene Völker und traditionelle Gemeinschaften werden in Brasilien aus ihren angestammten Gebieten vertrieben. Foto: Adveniat/Jürgen Escher
Die Ärzteversorgung Westfalen-Lippe (ÄVWL) hat sich nach zehn Jahren aus Landkäufen in Brasilien zurückgezogen. Dies hat die ÄVWL gegenüber der Organisation FIAN bestätigt. Über einen globalen Landfonds und eine verschachtelte Firmenstruktur hatte sich die Ärztekasse an Landgrabbing im Nordosten Brasiliens beteiligt. Als Rechtfertigung des 100 Millionen US Dollar-Investments hob die Ärztekasse die „Sicherung der Welternährung“ hervor. Allerdings seien der ÄVWL die Probleme vor Ort sei über zehn Jahren bekannt gewesen, so FIAN.
In Brasilien hatte der von der ÄVWL mitfinanzierte Fonds bis 2016 rund 135.000 Hektar Land aufgekauft – insbesondere für Sojamonokulturen. Dies geschah vor allem in der Region Matopiba, im Osten Brasiliens, die das zweitgrößte Ökosystem Brasiliens nach dem Amazonas beheimatet, das über ein großes Grundwasserreservoir verfügt. Die in dem Gebiet lebende Bevölkerung, unter ihnen mehr als 80 indigene Gruppierungen, betreibt vor allem Viehzucht und Landwirtschaft. Durch die rasante Expansion von Rinderfarmen und industrieller Monokulturen, besonders für Gen-Soja, ist ein großer Teil des Ökosystems bedroht oder bereits zerstört.
Die Region ist außerdem wegen krimineller Landgeschäfte und enormer Entwaldungsraten berüchtigt. Mehrere Organisationen hatten bereits Berichte zur Situation vor Ort publiziert.
Die ÄVWL ist ein berufsständisches Versorgungswerk, welches für die Alterssicherung von mehr als 50.000 Ärzt*innen und ihrer Familienangehörigen zuständig ist. Es verwaltet ein Vermögen von über zehn Milliarden Euro und hat sich 2012 mit etwa 80 Millionen Euro (100 Millionen USD) an dem Fonds TCGA beteiligt.
Adveniat hat im "Kontinent der Hoffnung" 2020 bereits über Landgrabbing in Brasilien und die Beteiligung deutsche Versorgungskassen berichter: "Landgrabbing für deutsche Pensionen".