Kirche in Nicaragua: "Wir sind keine Feinde der Regierung"
Abgeschaltete katholische TV- und Radiosender, Überfälle auf Gottesdienste: Die Verfolgung der katholischen Kirche in Nicaragua wird immer extremer. Nun wendet sich Managuas Kardinal direkt an das Ortega-Regime.

Demonstration in Nicaraguas Hauptstadt Managua zur Unterstützung der von der Regierung verfolgten Priester und Bischöfe am 28. Juli 2018. Foto: Adveniat/Klaus Ehringfeld
Kaum eine Woche ohne weitere schlechte Nachrichten für die katholische Kirche in Nicaragua: TV-Sender werden aus dem Kabelnetz genommen, Radiostationen abgeschaltet. Zudem häufen sich die Übergriffe auf kirchliche Einrichtungen. Nun hat sich der Erzbischof von Managua, Kardinal Leopoldo Brenes, direkt an die sandinistische Regierung des mittelamerikanischen Landes gewandt und ein Ende der Verfolgung gefordert.
Bischof appelliert an den Präsidenten
Über die Medien richtete er sich an den Präsidenten Daniel Ortega und dessen Ehefrau, Vizepräsidentin Rosario Murillo. Brenes bat in dem Interview mit dem Portal "Portavoz Ciudadano" darum, die Gewalt gegen Priester und Gemeindemitglieder einzustellen: "Wir sind keine Feinde der Regierung: Die Kirche predigt das Evangelium, Liebe, Frieden und Versöhnung." Kurz zuvor waren Bilder des Überfalls einer Polizeieinheit auf eine Kirche in Sebaco veröffentlicht worden, bei dem Geistliche und Gläubige verprügelt wurden.
Zu Wochenbeginn war bekannt geworden, dass die Regierung in Nicaragua ein halbes Dutzend Radiostationen der Diözese Matagalpa geschlossen hatte. Wie die Zeitung "La Prensa" berichtete, ordnete die Telekommunikationsbehörde die Abschaltung an. Zur Begründung gab sie eine fehlende Sendeerlaubnis an. Die betroffene Diözese teilte in einer Stellungnahme mit, seit 2016 sei ein Antrag auf Verlängerung unbeantwortet geblieben.
Kirche setzt sich für Meinungsfreiheit ein
Die Kirche kündigte an, auch in Zukunft trotz abgeschalteter Sender über jeden Verstoß gegen die Meinungs- und Religionsfreiheit informieren zu wollen. Das Nicaraguanische Zentrum für Menschenrechte (Cenidh) sprach in einer ersten Reaktion von einem "Akt der Provokation" durch die Regierung.
Seit Ende 2018 wurden laut Medienberichten mehr als 1.100 Nichtregierungs-Organisationen in Nicaragua die rechtlichen Grundlagen für ihre Arbeit entzogen. Jahr für Jahr kommen weitere hinzu, auch kirchliche oder der Kirche nahe stehende Einrichtungen. Basis der Zahlen ist eine Datenbank, die das Portal "Confidencial" angelegt hat.
Nicaragua erlebt seit 2018 eine Krise mit landesweiten Protesten gegen die linksgerichtete Ortega-Regierung. Seit Beginn kamen rund 350 Menschen ums Leben, Tausende wurden verletzt. Nicaraguas Kirche, Menschenrechtler und unabhängige Medien kritisierten immer wieder in scharfer Form die Rechtsverstöße der Machthaber.
Bischof nach Morddrohungen im Exil
Papst Franziskus beorderte im April 2019 Managuas Weihbischof Silvio Baez ins Exil, nachdem dieser Morddrohungen erhalten hatte. Baez hatte während der Studentenaufstände jungen Demonstranten in den Kirchen Schutz vor Polizeigewalt gewährt.
Vor den Wahlen Anfang November 2021 wurden mehrere Präsidentschaftskandidaten verhaftet, die allesamt als Rivalen des amtierenden Präsidentenpaares galten. Mehrere wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Die Ortegas gewannen die Wahl, zahlreiche Länder erkennen den Sieg aber nicht an.