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Kolumbien |

Kehrtwende zur Resozialisierung

Überfüllte Gefängnisse, Bandenterror und Aufstände hinter Gittern sind Probleme mit denen Kolumbiens Justizminister Néstor Osuna konfrontiert ist, neben strukturellen Reformen im Justizwesen. Die Zielrichtung der Reformen im Strafvollzug ist klar: Resozialisieren statt Wegsperren.

Das Gefängnis "Bella Vista" in Medellin. Foto (Symbolbild): Adveniat/Jürgen Escher

„Buen Pastor“, guter Hirte, heißt das Frauengefängnis von Bogotá. Nördlich des Zentrums der kolkumbianischen  Hauptstadt liegt die Haftanstalt, die Camilo Umaña Mitte Dezember besucht hat. Umaña ist Vizeminister der Justiz in Kolumbien und gehört zu dem Team um Justizminister Néstor Osuna, denen Fachleute es durchaus zutrauen, Kolumbiens Justiz und den Strafvollzug zu reformieren. Das ist überfällig, da sind sich Experten von links und rechts seit Jahren einig. Indiz für die seit Dekaden sichtbaren Probleme im Strafvollzug sind Aufstände, Morde und Bandenkriminalität hinter Gittern. 

Synonym für all das, was hinter Gittern schief läuft ist das 1960 eingeweihte Männergefängnis von Bogotá „La Modelo“, das immer wieder Schauplatz von Gewalttaten wurden. Zuletzt im Juni 2020 als 23 Insassen beim Aufstand hinter Gittern starben. Doch Reportagen von Jorunalistinnen und Journalisten gibt es nicht nur zahlreiche Hinweise für geheime Tunnel unter dem Gerfängnis, sondern auch für das Verschwinden von Häftlingen hinter Gittern durch Abwasserkanäle.

Mitverantwortlich für diverse Missstände sei die Überbelegungsquote von rund 50 Prozent. Offiziell verfüge die Haftanstalt über rund 3000 Plätze, sagt Camilo Umaña. „Derzeit machen wir uns ein Bild der Situation vor Ort, erarbeiten kurzfristige Verbesserungsvorschläge, sprechen mit den Häftlingen beiderlei Geschlechts und erörtern, wo wir ansetzen können“, berichtet der Kriminologe und Soziologe Umaña.

Kürzere Haftstrafen

Dabei hat Minister Osuna die Leitlinie schon klar vorgegeben: „Wir brauchen kürzere Haftstrafen, die Idee der Resozialisierung muss an Einfluss gewinnen“, lautet der Ansatz, um die Haftanstalten zu entlasten. Offiziellen Zahlen zufolge sind in Kolumbien derzeit 98.000 Häftlinge inhaftiert. Diese Zahl soll mindestens um ein  Drittel fallen, so heißt es in Bogotá und dafür steht eine Reform des Strafgesetzbuches aus dem Jahr 2000 an. Vor allem der Paragraph 38 soll modifiziert werden, um landesweit auch Hausarrest bei weniger gravierenden Delikten zuzulassen.

Weniger Sanktion mehr Resozialisierung laute die Devise, sagt Umaño: „Wir wollen eine restaurative, eine opferorientierte Justiz. Wir brauchen alternative Strafen, direkte Entschuldigung beim Opfer, Wiedergutmachung und ein Aushandeln von Sanktionen ohne auf die Freiheitsstrafe zurückzugreifen.“ Die soll als ultima ratio vor allem Kapitalverbrechen vorbehalten bleiben, aber eben nicht mehr für Delikte wie den Handy-Diebstahl im Linienbus oder den Kaufhaus-Diebstahl.

Zuspruch aus den Gefängnissen

Seit Wochen laufen hinter den Kulissen des Parlaments die Verhandlungen der Regierung mit den Parteien, um die Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments frühzeitig abzusichern und seit Ende des Jahres liegt auch ein erster 46-seitiger Gesetzesentwurf zur Abstimmung auf dem Tisch. Diskutiert werden soll das engagierte Reformprojekt laut Fahrplan im März im Parlament, sagt Umaño. In den Gefängnissen des Landes kommt die Reforminitiative aus dem Justizministerium gut an. Schon Mitte November schmückten Transparente das nördlich des historischen Stadtzentrums liegende Frauengefängnis „Buen Pastor“, die Unterstützung für die Reformen signalisierten und um den Dialog baten. Der hat mittlerweile stattgefunden und anvisiert ist auch die Einrichtung einer Menschenrechtsstelle in jeder Haftanstalt.

Positive Ansätze so Experten wie Carlos Ojeda, Direktor der Menschenrechtsorganisation FASOL. „Ich bin zuversichtlich, weil ich sehe, dass die neue Regierung agiert, Reformideen umsetzt und auch extrem polarisierende Themen anpackt“, sagt Ojeda. Die Reformierung des Justizvollzugs-Systems gehört dazu.

Autor: Knut Henkel

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