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In Ecuador steht die Linke vor der Rückkehr an die Macht

Andrés Arauz, der Wunschkandidat von Ex-Präsident Rafael Correa, führt in den Umfragen. Corona und Wirtschaftskrise sind die die wahlentscheidenden Themen.

Andés Arauz ist der aussichtsreichste Kandidat bei den Präsidentschaftswahlen in Ecuador. Foto: Conferencia de Soberanía RegionalCancillería del EcuadorCC BY-SA 2.0 

Wenn Andrés Arauz in den vergangenen Wochen zu den wenigen öffentlichen Wahlkampfauftritten kam, war fast immer jemand dabei, der am Sonntag gar nicht zur Abstimmung steht. Von Plakaten, auf Fotos oder als lebensgroßer Pappkamerad auf den LKWs des Wahlteams grüßte Rafael Correa mit erhobenem Daumen die Ecuadorianer. Der umstrittene ehemalige Staatschef (2007 bis 2017) wollte eigentlich mit dem jungen Linken Arauz als Vizepräsident zurück an die Macht. Aber dem schob die Justiz einen Riegel vor. 
 
Correa, der in Belgien lebt, wurde wegen Bestechlichkeit zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Aber in weiten Teilen der Bevölkerung gilt der Politiker noch immer als guter Staatschef, weil es vielen Ecuadorianern während seiner Amtszeit besser ging. Denn über die längste Zeit von Correas Regierung spülten die hohen Erdölpreise viele Dollars in die Staatskasse. Inzwischen allerdings ist der kleine Andenstaat hoch verschuldet und muss ständig seine Auslandskredite umschulden, um nicht bankrott zu gehen.

Ex-Präsident Correa darf nicht als Kandidat antreten

Und so hat dem 36-jährigen Präsidentschaftskandidaten Arauz, zwischen 2015 und 2017 Minister unter Correa, die virtuelle Begleitung und politische Nähe zu seinem Mentor mehr genützt als geschadet. Eine Woche vor der Wahl führte er in den Umfragen deutlich das Feld der 15 Männer und einer Frau an, die dem scheidenden Staatschef Lenín Moreno nachfolgen wollen. 
 
Außer Arauz haben aber eigentlich nur der konservative Banker und Ex-Präsidentschaftskandidat Guillermo Lasso sowie der Ureinwohner-Kandidat Yaku Pérez Chancen auf den Wahlsieg. Laut den jüngsten Umfragen wollen 37,4 Prozent der Wähler für Arauz stimmen, 24,3 Prozent für Lasso und 15,1 Prozent für Pérez. Das würde bedeuten, dass die Wähler am 11. April ein zweites Mal an die Urnen müssten, denn zu einem Sieg in erster Runde sind 40 Prozent der Stimmen bei einem gleichzeitigen Vorsprung von zehn Prozent auf den Zweitplatzierten notwendig. Aber bei der hohen Zahl der Unentschlossenen von rund 50 Prozent und der chronischen Unzuverlässigkeit von Umfragen in Lateinamerika ist auch ein Sieg des linken Kandidaten am Sonntag möglich.

Corona verstärkt Wirtschafts- und Schuldenkrise 

Allerdings veröffentlichte das kolumbianische Wochenmagazin „Semana“ am Montag eine Meldung, wonach die linke Guerilla ELN den Wahlkampf von Arauz mit umgerechnet 66.000 Euro unterstützt habe. Welche Auswirkungen diese unbestätigte Nachricht auf die Wahlentscheidung der Ecuadorianer haben wird, war unklar. 
 
Denn die Menschen ängstigen ganz andere Themen - vor allem Corona und die Auswirkungen. Die Krankheit hat den kleinen Staat vor allem zu Beginn der Pandemie schwer gezeichnet. Die chronisch katastrophale Situation der dollarisierten Wirtschaft, die sich ebenfalls durch die Pandemie noch verschärfte, besorge die Ecuadorianer am meisten und sei ausschlaggebend für ihre Wahlentscheidung, sagt Ruth Hidalgo, Politologin an der „Universidad de las Américas“ (UDLA) in Quito. Nach Angaben der Weltbank fiel das Bruttoinlandsprodukt Ecuadors vergangenes Jahr um 9,5 Prozent, nur Peru (minus zwölf Prozent) und Argentinien (minus 10,6 Prozent) waren in Südamerika härter getroffen.

Mangel an Vertrauen in die Politik

Für den Schriftsteller Iván Ulchur-Rota ist das politische Ambiente in seinem Land von Resignation und Desinteresse gezeichnet. Das Vertrauen in die politische Klasse, die Dinge nachhaltig zum Besseren verändern zu können, sei dahin, sagt er. Die aktuelle konservative Regierung hätte weder die gesundheitlichen noch die wirtschaftlichen Herausforderungen meistern können. 
 
Ecuador hat tatsächlich eine sehr fragile Demokratie und Erfahrung damit, ungeliebte Präsidenten zu stürzen. Abdalá Bucaram (1997), Jamil Mahuad (2000) und Lucio Gutiérrez (2005) mussten nach Protesten fliehen oder wurden vom Parlament abgesetzt. Auch Moreno sah sich im Oktober 2019 gewalttätigen Protesten gegenüber, als er auf Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlreiche Subventionen, darunter vor allem die für Benzin strich. Der Präsident musste die Kürzungen am Ende rückgängig machen. 
 
Die aktuellen Kandidaten würden „in Demagogie“ verfallen, kritisiert Ulchur-Rota. Arauz wolle je eintausend Dollar an eine Million bedürftige Familien verschenken und die Corona-Tests gratis vergeben. Lasso, Mitglied des konservativen katholischen Laienordens Opus Dei, macht sich für das Recht auf Waffentragen in ländlichen Gebieten stark. Und der Indigene Yaku Pérez hat zwar eine umweltfreundliche Regierung versprochen, will aber die Benzin-Subventionen beibehalten. 

Autor: Klaus Ehringfeld

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