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Bolivien: Junge Frauen in Tracht erobern die Skateparks

In Bolivien stellen die jungen Frauen der Skateboard-Gruppe Imilla Skate mit Stolz ihre einheimische Tracht zur Schau. Damit möchten sie zeigen: Der einst diskriminierten "Cholita" vom Land stehen heute alle Wege offen – sei es in den Skateparks oder anderswo im Leben.  

Screenshot aus dem youtube-Trailer​​​​​​​ zum Dokumentarfilm über die Frauen-Skatergruppe "Imilla Skate" in Cochabamba, Bolivien.

Screenshot aus dem youtube-Trailer zum Dokumentarfilm über die Frauen-Skatergruppe "Imilla Skate" in Cochabamba, Bolivien.

Es ist ein Bild, das man nicht alle Tage sieht: Junge, bolivianische Frauen gleiten in Tracht auf ihren Boards eine Skaterrampe hinunter. Ihre langen, weiten Röcke und die seitlich geflochtenen Zöpfe schwingen bei jeder Bewegung auf dem Skateboard mit. Mit ihren Outfits heben sich die jungen Skaterinnen deutlich von den restlichen Jugendlichen in Jeans und T- Shirts ab. Die Kleidung ist bewusst gewählt – die jungen Frauen möchten mit Stereotypen brechen und ein anderes Bild der indigenen Frau aus Bolivien vermitteln: Einer Frau, die selbstbestimmt ist und erreichen kann, was sie sich vornimmt. Und sei es, in langen Röcken auf dem Skateboard die Rampe hinunterzubrettern.

Entstanden ist die Gruppe Imilla Skate im Jahr 2018 in Cochabamba, Bolivien. Der Name „Imilla“ bedeutet auf Quechua „junge Frau“. Die bolivianische Tracht legten die Skaterinnen erstmals im Sommer 2019 bei einem Kulturfestival in ihrer Stadt an. Was eigentlich als Gag gedacht war, wurde zum Publikumserfolg. Die Presse berichtete, ihre Anhängerschaft in den sozialen Medien wuchs – und ihre Gruppe auch. Für die Sportlerinnen ist das Skaten in Tracht dennoch mehr als ein Haschen nach Aufmerksamkeit. Sie zeigen damit ihre gemeinsame Identität, aber auch Charakterstärke. Denn Skaten ist in Bolivien eine Männerdomäne. Wer sich als Frau am Skateboard ausprobiert, erfährt meist wenig Unterstützung aus der Familie. 

Tracht mit Stolz getragen

Zur einheimischen indigenen Tracht gehören die „Polleras“: ausgestellte, mehrlagige Röcke, die auf der Hüfte getragen werden. Dazu zwei lange, geflochtene Zöpfe, bestickte Blusen, auffälliger Goldschmuck und ein steifer Hut. Die langen Röcke kamen mit der spanischen Kolonialisierung ins Land. In der heutigen Tracht vermischen sich spanische und indigene Elemente. Die Kleidung, einst Symbol der spanischen Unterdrückung, wurde von den indigenen Frauen in ein Emblem ihrer Stärke verwandelt. Auch wenn Tracht in den Großstädten lange ein Stigma war. Denn auf die „Frauen vom Land“ wurde dort von oben herabgesehen. Das Wort „chola“, wie die indigenen Frauen bezeichnet werden, war als Schimpfwort geläufig. 

„Für uns persönlich steht eine Frau mit Pollera für Stärke und weibliche Selbstbestimmung. Die Pollera ist nicht einfach eine Tracht, ein Kleidungsstück, sondern sie ist unsere Identität. Und wir sind stolz darauf“, erklärte María Belén Fajardo gegenüber National Geographic. „Die Zeiten haben sich geändert. Es gibt inklusivere Rechte für alle. Heute kann eine Cholita eine Rechtsanwältin sein, manche sind Lehrerinnen oder Moderatorinnen. Und wir wollten zeigen, dass Cholitas auch Skateboarderinnen sein können“, fügte Brenda Tinta hinzu. 

Die „Cholas“ erobern soziale Räume

Die Gruppe Imilla Skate ist Teil eines größeren Phänomens der Selbstbestimmung, in dem „Cholas“ vermehrt in neue soziale, kulturelle und wirtschaftliche Räume vordringen. Vor zehn oder zwanzig Jahren wäre es undenkbar gewesen, diese an Universitäten und in Ministerien, als Rechtsanwältinnen, Bänkerinnen oder Journalistinnen zu sehen. Denn den „Cholas“ waren in den Städten einfache Arbeiten, zum Beispiel als Hausangestellte, vorbehalten. Mittlerweile gibt es sogar Modeschauen für indigene Tracht auf großen Events wie dem „Gran Poder“ in der Hauptstadt La Paz. Die Kultur der „Cholitas“ wurde in der bolivianischen Gesetzgebung als Kulturerbe verankert. 

Die jungen Frauen von Imilla Skate treffen sich indes jede Woche im Skatepark, um zu üben und sich auf Wettkämpfe vorzubereiten. „Was mir an dem Sport gefällt ist, dass er Disziplin erfordert und dich aus der Komfortzone lockt. Er hilft dir, deine Grenzen und Ängste zu überwinden. Du wirst mutiger, während du neue Tricks ausprobierst“, so Brenda Tinta. „Und mit den vielen Stürzen lernst du, dass es in dem Sport ist wie im Leben: Du fällst oft hin und musst immer wieder aufstehen. Egal, ob du es im zweiten, dritten oder zwanzigsten Versuch schaffst. Du musst es immer wieder versuchen“, erklärte Estefanny Morales dem National Geographic. 

Dokumentarfilm soll im August erscheinen

„Unser Ziel war es, die Bewegung von Skateboarderinnen in Bolivien zu vereinen“, so die Skateboarderin Susan Meza. Doch mit ihrer außergewöhnlichen Erscheinung wurde die Gruppe weit über die Landesgrenzen bekannt. Im August soll ein Dokumentarfilm über sie herauskommen, wie die Gruppe über YouTube bekannt gab. Bis dahin trifft man die jungen Frauen im Skatepark – dort, wo sie mit ihren langen, schwingenden Röcken immer wieder zeigen, dass für die „Cholitas“ von heute alles möglich ist. 

Text: Julia Monge Duarte, Quellen: BBC Mundo, National Geographic, Tagesspiegel
 

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