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USA, Guatemala |

Mittelamerika: USA machen Druck gegen Korruption

Vier Jahre lang hatten die korrupten Machteliten in Zentralamerika kaum Druck aus Washington zu befürchten. Das änderte sich mit der Vereidigung Joe Bidens. In der Migrationspolitik setzt er neue Standards sowie auch bei der Korruptionsbekämpfung. Ein erster Schritt sind neue Visa-Regeln für den US-Besuch für die drei Länder des nördlichen Dreiecks, Honduras, El Salvador und Guatemala.

Fahne bei einem Protestmarsch 2015 in Guatemala-Stadt. Symbolbild: Flickr, CCO1.0

Fahne bei einem Protestmarsch 2015 in Guatemala-Stadt. Symbolbild: Flickr, CCO1.0

Juan Francisco Sandoval war einer der Experten, die das Weiße Haus konsultierte, bevor am vergangenen Mittwoch die neuen Visa-Beschränkungen vorgestellt wurden. Diese betreffen alle aktuellen und ehemaligen Funktionäre, die sich wegen Korruption verantworten müssen und die Demokratie in den Staaten des Triángulo Norte (Honduras, El Salvador und Guatemala) vorsätzlich geschwächt haben. Außenminister Antony Blinken umriss die neue zusätzliche Maßnahme so: "Heute ergreifen wir die Initiative, um die Demokratie und den Kampf gegen Korruption zu fördern und verabschieden ein zusätzliches Visa-Beschränkungsprogramm für korrupte und undemokratische Akteure in Guatemala, Honduras und El Salvador. Das ist ein weiterer Schritt, um den Ursachen der Auswanderung zu begegnen."

Keine Visa für korrupte Funktionäre

Korruption ist ein Grund für Migration. Hinzu kommt die Gewalt, die von Jugendbanden und der organisierten Kriminalität ausgeht, sowie ein kaum funktionierendes Justizsystem, das zur omnipräsenten Straflosigkeit beiträgt. Das ist unter Experten wie dem Ombudsmann für Menschenrechte in Guatemala, Jordán Rodas, oder der Migrationsexpertin und Ordensfrau Lidia Mara de Souza, die in Honduras abgeschobenen Migrantinnen und Migranten beim Neustart hilft, unstrittig. Neu ist allerdings, dass die USA seit Dezember 2020 diejenigen ins Visier nehmen, die sowohl die Strukturen im Justizsystem bewusst schwächen als auch pralle Umschläge entgegennehmen sich korrumpieren lassen.

Am 22. Dezember 2020 verabschiedete der US-Kongress das Gesetz, welches als „Engelliste“ bekannt wurde. Auf der Liste, die nach dem demokratischen Abgeordneten Eliot Engel, benannt wurde, landen alle Personen aus Honduras, El Salvador und Guatemala, die sich korrupt und undemokratisch verhalten. Ihnen wird die Einreise genauso wie Geschäftstätigkeiten mit den USA verboten. Die Engelliste war der Auftakt, mit der zusätzlichen Liste für Visabeschränkungen versuchen die USA nun, den Druck zu erhöhen. Dazu beigetragen hat nicht nur die Entlassung von Juan Francisco Sandoval, dem leitenden für Korruptionsdelikte zuständigen Staatsanwalt der Sonderstaatsanwaltschaft gegen die Straflosigkeit (FECI), am 23. Juli in Guatemala, sondern auch die vorherige Visite von US-Vizepräsidentin Kamala Harris in Guatemala. 

Antikorruptions-Kommission in Planung

Die Politikerin hatte nicht den Eindruck, dass die Regierung von Alejandro Giammattei die Korruptionsbekämpfung ganz oben auf der politischen Agenda stehen hatte. Das Gegenteil ist der Fall, wie Juan Francisco Sandoval meint. Der 39-jährige Staatsanwalt leitete Ermittlungen im direkten Umfeld des Präsidenten und das könnte der Grund für seine Entlassung gewesen sein. „Wir konnten zwar keine Beweise gegen Giammattei selbst vorlegen, wohl aber gegen Leute aus seinem direkten Umfeld“, so der Staatsanwalt, der sich mittlerweile in Washington aufhält. Er hält die ersten US-Maßnahmen für gut. „Sie sollen die Verantwortlichen und nicht, wie bei wirtschaftlichen Sanktionen, die gesamte Bevölkerung treffen - das ist positiv“, so Sandoval. 

Er könnte auch ein Kandidat für die Antikorruptions-Kommission sein, die Washington für das nördliche Dreieck mit den drei Staaten Honduras, El Salvador und Guatemala plant und für die auch schon Experten aus Honduras wie der Jurist Joaquín Mejía und aus El Salvador zum Gedankenaustausch eingeladen wurden. Doch wie die Kommission aussehen könnte, ist bisher unklar. Denkbar ist auch, dass die Regierung Biden andere Staaten einlädt, sich zu beteiligen. Das ist auch bei den Visabeschränkungen der Fall, denen sich die Regierungen von Mexiko, Japan und Südkorea sowie die Vereinten Nationen anschließen wollen. US-Vizepräsidentin Kamala Harris, bei der die Stränge zusammenlaufen, machte bereits klar: "Wir werden auf dem aufbauen, was funktioniert, und uns von dem wegbewegen, was nicht funktioniert". Dem Satz ließ die Politikerin bereits Taten folgen und kündigte letzte Woche die Kooperation mit dem Büro der guatemaltekischen Generalstaatsanwältin Consuelo Porras auf. Es gäbe kein Vertrauen mehr in die Bereitschaft Guatemalas, gegen die Missstände zu kämpfen, erklärte die Regierung von US-Präsident Joe Biden.

Ombudsmann für Menschenrechte unter Druck

Hilfe soll, so das Weiße Haus, fortan an Bedingungen gebunden werden – an die Korruptionsbekämpfung. Maßnahmen, die Guatemalas Ombudsman für Menschenrechte, Jordán Rodas begrüßt. „Bisher gibt es jedoch keine Reaktionen in Guatemala. Hier läuft alles so weiter wie gehabt“, sagt der Jurist, der hochrangige Besuche, wie den von Kamala Harris im Juni, für hilfreich hält. „Direkte Gespräche mit anderen, als den korrupten Kreisen um den Präsidenten, haben Signalcharakter“, so Rodas. Für den Rollback im Justiministerium und die Unterwanderung der staatlichen Institutionen durch die korrupte Elite macht er die Politik der US-Regierung unter Donald Trump mitverantwortlich.

Das Erstarken derjenigen, die kein Interesse daran haben, dass ihre Machtzirkel unter die Lupe genommen werden, bekommt auch Rodas zu spüren. Dem Ombudsmann für Menschenrechte steht das Wasser bis zum Hals. Gehälter kann er seit Monaten nicht mehr zahlen, weil sein Etat zusammengestrichen wurde. Zudem läuft ein Amtsenthebungsverfahren gegen den engagierten Juristen aus Quetzaltenango, der zweitgrößten Stadt des Landes. Ob die US-Sanktionen daran etwas ändern werden, muss sich noch zeigen. Dass sich in Guatemala etwas ändert, ist dringend nötig, nicht nur, um die wieder steigende Migration zu stoppen. 

Autor: Knut Henkel

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