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Guatemala verliert seine unabhängige Justiz

Am 14. April werden die zehn Verfassungsrichter in Guatemala vereidigt. Normalerweise kein Anlass, um zu berichten. Doch das intransparente Nominierungsverfahren hat Kandidaten an die Spitze des Verfassungsgericht gebracht, denen mutmaßlich Korruption vorgeworfen wird. Mit dem Abzug der UN-Kommission gegen die Straflosigkeit (CICIG) vor drei Jahren ist nun auch die Unabhängigkeit der Justiz in Gefahr. 

Menschenrechtsexperten und Juristen bezweifeln, dass die neuen Kandidaten für das Amt der Verfassungsrichter in Guatemala wirklich unabhängig sind. Foto: Knut Henkel

Menschenrechtsexperten und Juristen bezweifeln, dass die neuen Kandidaten für das Amt der Verfassungsrichter in Guatemala wirklich unabhängig sind. Foto: Knut Henkel

Für Anabella Sibrián von der „Internationalen Plattform gegen die Straflosigkeit“ ist die Neubesetzung der Richterstellen am Verfassungsgericht eine Zäsur. „Das Gericht ist eine letzte Bastion gegen die Korruption, die in Guatemala immer weiter um sich greift“, erklärte Sibrián noch Ende März bei einer Online-Diskussion zum Thema Kriminalisierung von Menschenrechtsaktivisten.

Wenige Tage später sind in Guatemala die Würfel gefallen: In einem intransparenten Nominierungsverfahren wurden neun Richter nominiert, die nachweislich bestechlich sind, so Michael Mörth, deutscher Jurist und Berater einer Menschenrechtskanzlei in Guatemala Stadt. „Einzig Gloria Porras ist eine unabhängige Juristin - und auch die wollen sie noch raushauen, vía Immunitätsaufhebungsverfahren. Das ist illegal, aber sie versuchen es“, ärgert sich Mörth.

Politische Elite untergräbt Unabhängigkeit der Justiz

Er beobachtet sehr genau den Roll Back im Justizsystem des Landes, der vor vier Jahren unter Ex-Präsident Jimmy Morales begann. Damals hatte die CICIG, die UN-Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala, Ermittlungen gegen den Bruder und einen der Söhne des Präsidenten wegen Steuerbetrugs aufgenommen. Ein Tabubruch in Guatemala, wo die Elite des Landes - wie in etlichen Nachbarländern auch - als unantastbar gilt, so Claudia Samayoa.

Die Direktorin der Menschenrechtsorganisation Udefegua hält die amtierende Regierung von Alejandro Giammattei für die korrupteste und repressivste seit Dekaden. „Für mich ist es quasi folgerichtig, dass Alejandro Giammattei alles daran gesetzt hat, das Verfassungsgericht unter Kontrolle zu bekommen. Das hat ihm schließlich immer wieder juristische Knüppel zwischen die Beine geworfen. Das ist nun vorbei“, so Samayoa. „Das Verfassungsgericht ist übernommen, der Pakt der Korrupten hat sich trotz Proteste der Zivilgesellschaft, trotz internationaler Aufmerksamkeit durchgesetzt“, kritisiert sie.

Wenig Hoffnung auf Joe Biden

Dass der Druck auf die zunehmend autoritär auftretende Regierung von Alejandro Giammattei  vor allem aus Washington zunehmen könnte, hält sie für möglich, ist aber skeptisch: „Es hilft uns nicht zu warten, dass uns die USA retten werden. Diese Hoffnung wurde in der Geschichte schon mehrfach enttäuscht. Zuletzt im Kontext der Beendigung des CICIG-Mandats“, erklärt Samayoa. Damals hat es keinen Druck gegeben, als die Regierung Jimmy Morales ankündigte, das CICIG-Mandat nicht zu verlängern. Die CICIG sei unter Donald Trump im Stich gelassen worden, obwohl sie nachweislich die guatemaltekische Justiz gestärkt hatte, was ihr primärer Auftrag gewesen sei, rekapituliert die Menschenrechtsexpertin.

Die Erfolge der CICIG sind in den letzten drei Jahren mehr und mehr zurückgedreht worden und unabhängige Richter haben in der Justiz einen zunehmend schweren Stand, so Juristen wie Mörth oder Jordan Rodas von der Ombudsstelle für Menschenrechte. Die wird, so Samayoa, über den immer kleiner werdenden Etat kurz gehalten. Das hat genauso System wie das intransparente Nominierungssystem für die Posten am Verfassungsgericht. Das spült Anwälte an die Spitze der Justiz, die bei den großen Völkermordprozessen gegen Ex-Diktator Efraín Ríos Mont im Gerichtssaal alle juristischen Tricks ausspielten – für den Ex-Diktator. Roberto Molina Bareto heißt einer der nominierten Verfassungsrichter mit einschlägiger Vergangenheit. Er ist nicht der Einzige. 

Autor: Knut Henkel

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