Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Mexiko, USA |

Migranten wählen gefährliche Wege in die USA

Die demokratische US-Regierung verschärft ihre Abschiebungen an der Südgrenze - und entfernt sich immer mehr von ihrem Versprechen, Flüchtlinge human zu behandeln. Auch am heiligen Berg Cristo Rey kennen Grenzschützer kein Pardon.

Viele Migranten aus Mittelamerika versuchen, Mexiko als blinde Passagiere auf dem Dach des Güterzugs "La Bestia" (Die Bestie) zu durchqueren. Wenn der Zug zu schnell ist, können sie nicht aufspringen. Foto (Symbolbild): Adveniat/Hans-Máximo Musielik

Viele Migranten aus Mittelamerika versuchen, Mexiko als blinde Passagiere auf dem Dach des Güterzugs "La Bestia" (Die Bestie) zu durchqueren. Wenn der Zug zu schnell ist, können sie nicht aufspringen. Foto (Symbolbild): Adveniat/Hans-Máximo Musielik

Die Route über den Mount Cristo Rey im Grenzgebiet zu Mexiko brachte Alex kein Glück. Der 30-Jährige aus Ecuador lief den US-Grenzschützern in die Arme. Die kannten kein Pardon und schoben ihn gleich wieder ab - ohne Asylverfahren. Damit platzte nicht nur der Traum von New York; ihm gingen auch die Ersparnisse verloren, die er einem Schleuser für das Versprechen zahlte, ihn dorthin zu bringen.

Ins "gelobte Land" über den Cristo Rey

So wie Alex ergeht es seit Wochen fast allen Migranten an der Südgrenze der USA. Wer geortet, aufgriffen und festgenommen wird, landet im Rahmen der beschleunigten Abschiebungen postwendend wieder in Mexiko. Deshalb weichen viele auf die Route über den heiligen Berg aus, wo es noch keine Grenzmauern gibt. Seit rund 100 Jahren zieht es Tausende Pilger Jahr für Jahr zu dem fast neun Meter hohen Gipfelkreuz. In den vergangenen Wochen ersetzte der "Zug der Verzweifelten" die Gläubigen, die sonst von hier aus im Dunkeln die Lichter von El Paso flackern sehen.

Präsident Joe Bidens Versprechen, mit Migranten human umzugehen, wird derzeit von den Realitäten eingeholt. Ein historisch ungewöhnlicher Zustrom von Flüchtlingen mitten im heißen Sommer, in dem normalerweise die Zahlen abnehmen, setzt die Behörden und die US-Regierung der Demokraten unter Druck.

Pandemieregeln beschleunigen Ausweisung

Die als "Title 42" bekannten Pandemiebestimmungen, die schon unter Donald Trump in Kraft waren, erlauben eine direkte Ausweisung von Migranten. Den Paragrafen zum "Schutz der öffentlichen Gesundheit" hatte Biden verlängert. In der Praxis bedeutet das: Asylverfahren sind ausgeschlossen; die Behörden entscheiden selbst, ohne dass ein Einreiserichter die Fälle prüfen kann. Nur Kinder sind vor beschleunigter Ausweisung geschützt.

Und für die Migranten kommt es noch schlimmer. Im August wies das US-Verfassungsgericht auf Antrag von Texas die Biden-Regierung an, die "Bleib in Mexiko"-Politik der Trump-Ära wieder in Kraft zu setzen. Sie zwingt Migranten, in Mexiko zu warten, bis ihr Asylantrag von US-Behörden geprüft ist. Allein im Juli nahmen US-Grenzschützer mehr als 210.000 Personen fest - mehr als dreimal so viele wie im Durchschnitt der Vorjahre, der höchste Wert seit mehr als 21 Jahren. Fast 7.000 Festnahmen täglich melden die Grenzer im Schnitt.

Vorwurf der Misshandlung durch Grenzpolizei

Die beiden katholischen US-Hilfsorganisationen "Kino Border Initiative" und "Network" klagen in einem Bericht über einen teils rüden Umgang mit den Asylbewerbern. Sie listen 34 konkrete Vorfälle von Misshandlungen durch Grenzschützer auf. Und das sei "nur die Spitze des Eisberges", sagt die Geschäftsführerin der Initiative, Joanna Williams. Es geht um Einschüchterungen, Drohungen, Beleidigungen oder Verweigerung von Hilfen. Die Art und Weise, wie Menschen, die teils vor Gewalt aus ihrer Heimat flöhen, von Teilen der US-Behörden behandelt würden, stünden "in Widerspruch zu unseren Werten".

Dazu zählt auch die veränderte Abschiebepraxis. Seit Wochen fliegt die Heimatschutzbehörde aufgegriffene Migranten weit ins Landesinnere von Mexiko aus. Die Menschen werden von Texas nach Villahermosa gebracht. Von dort geht es per Bus in Lager nahe der Grenze zu Guatemala. Eine Rückkehr zur US-Grenze solle so "nicht mehr so einfach sein", kommentierte US-Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas die neue Taktik.

Kirche kritisiert Abschiebepraxis

Die katholischen US-Bischöfe wollen das nicht hinnehmen. Der zuständige Ausschussvorsitzende der US-Bischofskonferenz, Weihbischof Mario Dorsonville, verlangt "eine Kehrtwende bei den beschleunigten Abschiebungen" von Familien. Auch bei Hilfsorganisationen stößt das Ausfliegen auf Empörung. Langfristig mache die beschleunigte Abschiebung Bidens Ziele in der Einwanderungspolitik zunichte, so Doris Meissner vom "Migration Policy Institute".

Der Rechtsexperte Lee Gelernt machte sich für die Bürgerrechtsorganisation ACLU kürzlich selbst ein Bild von der Situation in den mexikanischen Migrantenlagern. Viele der ausgewiesenen Familien dort seien in "unmittelbarer Gefahr", so Gelernt.

Unsicherheit empfindet auch der 31-jährige Evandro aus Mittelamerika, der es auf der Pilgerroute über den Mount Cristo Rey nicht an den Grenzschützern vorbei schaffte. "Wir hatten einfach Pech", erklärte er müde einem Reporter der "New York Times". Vielleicht versuche er es noch einmal. Die Wahrheit sei, so Evandro, dass "die meisten es geschafft haben".

Hilfe für Migranten
Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt die Migrantenherberge "Casa del Migrante" im mexikanischen Saltillo. Dort erhalten die Geflüchteten nicht nur Unterkunft und Nahrung, sondern auch psychologische, medizinische und juristische Hilfe.

Autor: Thomas Spang, kna

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