Mexikos Kirche fordert neue Migrationspolitik
Kirchliche Einrichtungen sind oft die letzten Schutzräume für Menschen, die in und aus Lateinamerika fliehen. Nun schlagen Mexikos Bischöfe Alarm wegen der immer weiter steigenden Migration.
Die Zahl der Geflüchteten an der Grenze zwischen Mexiko und den USA hat in diesem Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Für diese Menschen sind kirchliche Hilfseinrichtungen im Norden des Landes oft die einzigen Schutzräume vor den Drogenkartellen und Menschenhändlern. An der Grenze von Mexiko und den USA spielen sich täglich Dramen ab.
Geflüchtete aus Kuba, Nicaragua und Venezuela kommen genauso an, wie Menschen aus Mittelamerika, die vor Bandenkriegen, Armut und den Folgen des Klimawandels fliehen. Viele haben eine lebensgefährliche Flucht hinter sich. Wer Glück hat, landet in einer Herberge der katholischen Kirche - wie in Ciudad Juárez im Norden Mexikos. Nach monatelanger Flucht heißt es hier erst einmal: durchatmen.
Kirche bietet Schutzräume
Kirchliche Einrichtungen sind vor Ort oft die einzigen Schutzräume. Die Jesuiten-Flüchtlingshilfe koordiniert die Unterstützung, hier wie in anderen Städten entlang der Grenze wie auch auf der Flüchtlingsroute nach Mexiko. "Wir unterstützen Menschen auf verschiedenen Ebenen. Wir wollen, dass sie zur Ruhe kommen können, bis Entscheidungen getroffen sind. Wir helfen Menschen auch, legal in die Vereinigten Staaten einzureisen", sagt Alejandra Corona von der Jesuiten-Flüchtlingshilfe im Gespräch mit der Katholischen Nachrichtenagentur (kna).
Fast alle Geflüchteten, die an der Grenze ankommen, sind psychisch am Ende ihrer Kräfte. Sie haben traumatische Erlebnisse zu verarbeiten und müssen nun erst einmal warten, bis sie einen Asylantrag bei den US-Behörden stellen können. Ciudad Juárez am Rio Grande gegenüber dem texanischen El Paso ist zudem eine der gefährlichsten Städte weltweit. Hier kämpfen Drogenbanden um die Vorherrschaft im Schmuggel. Und sie kontrollieren den Menschenhandel. Die Banden zwingen die Migranten zum Drogenhandel, die Frauen in die Prostitution. Immer wieder kommt es zu tödlichen Überfällen auf Migranten, die zwischen die Fronten geraten.
Geflüchtete sind psychisch und physisch krank
"Die Menschen sind im Allgemeinen emotional erschöpft. Sie warten darauf, dass ihre Verfahren in den Vereinigten Staaten akzeptiert werden, ohne Schutz sind sie in Mexiko aber weiterhin stark gefährdet. Die psychische Gesundheit ist ein sehr schwieriges Thema. Aber auch die physische Gesundheit, denn wir sehen Menschen, die an chronischen oder sehr langwierigen Krankheiten leiden. Wegen fehlender Ressourcen wurden sie in ihren Herkunftsländern nicht behandelt", sagt Alejandra Corona von der Jesuiten-Flüchtlingshilfe.
Migranten aus Mittelamerika, Südamerika und der Karibik sind eine Sache. Eine andere ist die Binnenmigration in Mexiko selbst. Im Land gerät die ganz normale Bevölkerung oft in die Schusslinie der Kartelle, wird Opfer von Vertreibung und Gewalt. Hier sei die Kirche die einzige Institution, die den Binnenvertriebenen helfe, weil die mexikanische Regierung das Thema verharmlose: "Besonders im Süden Mexikos sind es die katholische Kirche und religiöse Gemeinden, die sich um Unterkünfte für Vertriebene kümmern", sagt Corona.
Abschiebungen erreichen Rekordwerte
Allein im vergangenen Jahr wurden an der US-Grenze zwei Millionen Migranten festgesetzt, Tendenz steigend. Die Zahl der Abschiebungen aus den USA und aus Mexiko erreicht neue Rekordwerte. Die katholische Kirche in Mexiko hat deshalb die mexikanische Regierung zu einem Umdenken aufgefordert. "Wir sprechen uns für die dringende Notwendigkeit aus, dass die Bundesregierung ihre Migrationsstrategie und -politik überdenkt", hieß es in einer vor wenigen Tagen von Bischof José Guadalupe Torres Campos aus Ciudad Juárez verlesenen Erklärung.
Torres Campos ist innerhalb der Mexikanischen Bischofskonferenz für das Thema Migration zuständig. Die Regierung müsse ihre Perspektive der Militarisierung und des Containment aufgeben und aus menschenrechtlicher Sicht nach Alternativen suchen. Die Bischöfe sähen die Migrationspolitik mit Traurigkeit und Besorgnis, sagte Torres Campos am Ende einer Versammlung der Bischofskonferenz.