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Mexiko, USA |

Mexiko verklagt US-Waffenhersteller auf Schadenersatz

Der Drogenkrieg in Mexiko, dem jährlich tausende Menschen zum Opfer fallen, wird hauptsächlich mit geschmuggelten Waffen aus den USA geführt. Die mexikanische Regierung klagt jetzt gegen die US-Waffenhersteller und fordert Schadensersatz in Milliardenhöhe.

Waffenverbotsschild in Saltillo, Mexiko. Symbolfoto: Adveniat/Ole Schmidt

Waffenverbotsschild in Saltillo, Mexiko. Symbolfoto: Adveniat/Ole Schmidt

Die mexikanische Regierung hat elf der größten US-Waffenhersteller vor einem Bundesgericht in Boston auf milliardenschweren Schadenersatz verklagt. Das Verfahren, das vor allem auch politische Sprengkraft birgt, wirft Produzenten wie Smith & Wesson, Beretta und Colt’s vor, mit Fahrlässigkeit und teilweise auch Vorsatz in ihren Geschäftspraktiken zu Tod und Leid in Mexiko beigetragen zu haben. Der Drogenkrieg in Mexiko, dem seit 2006 jedes Jahr Zehntausende von Menschen zum Opfer fallen, wird vor allem mit Pistolen, Gewehren und Maschinengewehren geführt, die aus den USA in das südliche Nachbarland gelangen. Und nach Angaben der mexikanischen Justiz werden es jedes Jahr mehr. In der 139 Seiten starken Klageschrift, die Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard am Mittwoch, 4. August 2021, vorstellte, heißt es, die Hersteller wüssten, dass ihre Waffen zum Teil geschmuggelt würden und so zur Befeuerung des Drogenkriegs beitrügen.  

Waffenschmuggel befeuert Drogenkrieg

Der Krieg der mexikanischen Kartelle untereinander und gegen den Staat erreicht gerade in diesem Jahr neue ungekannte Ausmaße. Weite Teile des lateinamerikanischen Landes sind inzwischen ganz oder teilweise in Hand der Organisierten Kriminalität. Nahezu jede Woche gibt es irgendwo Gemetzel zwischen den Banden oder Anschläge auf die Zivilbevölkerung. Nach Ansicht der mexikanischen Regierung waren die US-Waffenhersteller und -Händler im Jahre 2019 für mindestens 17.000 Todesfälle in Mexiko verantwortlich. Mindestens 70 Prozent der zwischen 2014 und 2018 im Land beschlagnahmten Waffen seien aus den USA ins Land gekommen, heißt es in der Klageschrift. 1997 waren es nur 15 Prozent.
 
„Die Klage hat nicht das Ziel, Druck auf die Vereinigten Staaten auszuüben, sondern die Toten in Mexiko zu reduzieren”, erkläre Ebrard. „Den betroffenen Unternehmen ist bewusst, dass ihre Produkte für illegale Aktivitäten gegen die mexikanische Bevölkerung und gegen Staatsvertreter genutzt werden“. Die Hersteller böten sogar Produkte an, die extra auf den typischen Geschmack von Mitgliedern der Drogenbanden abgestimmt sein, behauptet der Minister und nannte als Beispiel beschlagnahmte Handfeuerwaffen, die für den Mord an einer bekannten Journalistin benutzt wurden und mit Sprüchen eines mexikanischen Freiheitshelden verziert waren.  

Schadensersatz über 20 Milliarden Euro

Mexiko strebt mit der über mehrere Jahre vorbereiteten Klage einen Schadenersatz in Höhe von mindestens zwei Prozent des mexikanischen Bruttoinlandsprodukts an, das sich im vergangenen Jahr auf knapp eine Billion Euro belief. Das heißt, Mexiko hofft auf eine Entschädigung von umgerechnet rund 20 Milliarden Euro.
 
Diese Forderung basiert auch auf einer Berechnung der ökonomischen Verluste, für welche die US-Waffenhersteller mitverantwortlich sein sollen. Besonders im Tourismus, aber auch in der ausbleibenden Ansiedlung von Firmen habe Mexiko hohe Einbußen durch den Drogenkrieg zu verzeichnen. Zudem müsse der Staat viel Geld für die Bekämpfung des Organisierten Verbrechens aufwenden. 
 
Schon seit Jahren versuchen mexikanische Regierungen zu erreichen, dass die USA den Schmuggel von Waffen ins Nachbarland unterbinden. Außenminister Ebrard erkannte an, dass auch seine Regierung mehr dafür tun müsse, die gemeinsame Grenze stärker zu sichern. Dennoch sei die Klage notwendig, um den Unternehmen klarzumachen, dass Mexiko diese Praktiken verurteile und nicht länger tolerieren wolle. „Wir verkraften nicht jeden Tag mehr und mehr Tote in unserem Land.“ 

Konfliktlinien: Waffenschmuggel und Drogenhandel

Das Thema der Waffenlieferungen und des Drogenschmuggels ist ein ständiger Konfliktherd zwischen den beiden vor allem wirtschaftlich eng verbündeten Nachbarstaaten. Während Mexiko immer wieder von Washington Aktionen gegen den Schmuggel fordert, verlangt die US-Regierung ständig härteres Vorgehen gegen den Rauschgifthandel. 
 
Nach Einschätzung von Experten tragen die Vereinigten Staaten eine Mitverantwortung am Krieg der Kartelle in Mexiko. „Die Situation in Mexiko ist nicht ohne die USA als größter Konsument illegaler Drogen weltweit und Hauptquelle der Waffen in Mexiko zu verstehen“, sagt etwa Falko Ernst, Analyst der „International Crisis Group“ in Mexiko-Stadt. Dass Mexiko mit der Klage Erfolg hat, ist laut Experten eher unwahrscheinlich. Zumal die Waffenhersteller per Gesetz bislang vor den meisten Zivilklagen geschützt sind. US-Präsident Joe Biden möchte das gerne ändern, hat aber bisher im Kongress keine Mehrheit dafür.

Autor: Klaus Ehringfeld

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