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Mexiko ist Kriegsgebiet - Analyse

Das Karussell des Terrors in Mexiko dreht sich schneller und überall. Die Menschen sind der Gewalt ungeschützt ausgeliefert und Präsident López Obrador hat mit seiner naiven Strategie "Umarmungen statt Kugeln" alles noch schlimmer gemacht, meint Klaus Ehringfeld.

Militärischer Grenzposten im Norden Mexikos. Foto (Symbolbild): Adveniat/Jürgen Escher

Militärischer Grenzposten im Norden Mexikos. Foto (Symbolbild): Adveniat/Jürgen Escher

Man kommt in diesen Tagen kaum noch hinterher. Wo in Mexiko war das jüngste Massaker, welche Kartelle waren beteiligt? Wie viele Menschen sind wieder gestorben? Es gibt mittlerweile kaum noch eine Ecke in dem zweitgrößten Land Lateinamerikas, die dem Terror entkommt. Längst sind es nicht nur die Nordgrenze, wo das Organisierte Verbrechen regiert. Ganz Mexiko ist – mehr oder minder - Kriegsgebiet. Und das Land erlebt die brutalste Etappe seiner Geschichte, ganz egal, ob es mal einen Monat ein paar mehr oder ein paar weniger Tote und Verschwundene gibt.

100 Morde pro Tag

100 Morde pro Tag, von denen 90 nicht aufgeklärt werden, lassen einem das Blut in den Adern gefrieren. Es ist eine Schande für einen G-20-Staat, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Region, eine der größten Demokratien der Welt. Und es ist eine Tragödie für die Menschen. Denn sie sind nicht nur der Organisierten Kriminalität ausgeliefert, sondern vor allem einem Staat, der unfähig oder unwillig ist und oft genug mit den Kartellen gemeinsame Sache macht. Dagegen behauptet der linksnationalistische Präsident Andrés Manuel López Obrador von der Kanzel seiner täglichen Pressekonferenzen ungeniert: „Das Land ist befriedet“. 
 
Man sollte mal die Bewohner der Ortschaft Valparaíso im Bundesstaat Zacatecas oder die in Reynosa in Tamaulipas fragen, was sie von einem solchen Satz halten. Beide Städte waren in den vergangenen Wochen Schauplatz von furchtbaren Massakern. In Reynosa marschierten bewaffnete Männer am helllichten Tag über eine Hauptstraße und streckten wahllos Menschen nieder. Arbeiter, Studenten, ganze Familien wurden niedergeschossen. 14 Opfer waren am Ende zu beklagen. Zudem entführten die Bewaffneten noch zwei Frauen. Grund der blutigen Wüterei: Einschüchterung des konkurrierenden Kartells, Herausforderung des Staates. „Calentar la plaza“ nennt man das auf spanisch. Den „Platz aufheizen“. 

Kampf der Kartelle um Routen und Reviere eskaliert

Aber es waren in den vergangenen Wochen nicht nur die an Gewalt gewohnten Staaten Zacatecas und Tamaulipas, sondern auch Gegenden, die man eher als Industriestandort oder Tourismusziel kennt: Nuevo León mit der Metropole Monterrey oder Baja California an der Pazifikküste. Die Gewaltszenen von dort wirken dabei wie aus Serien von Streamingdiensten entnommen: Von Brücke hängende Polizisten, Massaker an Partygästen, Überfälle auf eine Bar. Mehr als 50 Opfer waren in wenigen Tagen bei Massakern zu beklagen. Die Stadt Tijuana an der Grenze zu den USA zählte im Juni mehr als 160 Terroropfer.
 
Das mexikanische Karussell des Terrors dreht sich immer schneller. Und es nimmt inzwischen überall im Land an Fahrt auf. Das Organisierte Verbrechen sitzt längst nicht mehr nur noch im Norden Mexikos, es greift wie eine Krake nach dem ganzen Land. Das klassische „Sinaloa-Kartell“, früher geführt von Joaquín „El Chapo“ Guzmán, muss sich an immer mehr Orten der Konkurrenz des „Kartell Jalisco Neue Generation“ ehrwehren. Sie machen dem Sinaloa-Syndikat Routen, Reviere und Reichweiten streitig. Es gibt kaum noch Gebiete, kaum noch Geschäftszweige, die frei von Kriminellen sind. 

Mexiko auf dem Weg zu einem gescheiterten Staat

Die Regierungen der früheren Jahre haben die Verbrecher lange gewähren lassen oder waren mit ihnen verbündet. Präsident López Obrador wollte alles anders machen, hat aber nur alles schlimmer gemacht. Er wollte mit „Abrazos, no balazos“, mit Umarmungen statt Kugeln die Kartelle besiegen. Das war töricht, naiv und gefährlich. Das Organisierte Verbrechen ist stärker und atomisierter denn je und verübt sogar am Tag Anschläge auf hohe Regierungsbeamte mitten in Mexico City. Das sind neue Dimensionen, die nichts Gutes ahnen lassen. Der G-20-Staat Mexiko ist auf dem Weg zu einem gescheiterten Staat. 

Autor: Klaus Ehringfeld

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