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Brasilien |

Lulas Frauen feiern ihre Macht

Die meisten Stimmen hat Brasiliens neuer Präsident von Frauen erhalten. Nun sind elf der insgesamt 37 Ministerposten von Frauen besetzt. Unter ihnen sind alte Bekannte und neue Verbündete von Luiz Inácio Lula da Silva.

Vor allem Frauen haben Präsident Lula gewählt. Nun sitzen elf Frauen an Brasiliens neuem Kabinettstisch. Foto (Symbolbild): Mídia NINJACC BY-NC 2.0

Gesundheit, Gleichberechtigung, Gender und Klimapolitik: Nichts geht mehr ohne Frauen in der neuen Regierung von Brasiliens Präsident Lula. Sie besetzen Schlüsselpositionen und treffen auch hinter den Kulissen wichtige Entscheidungen.

In Brasilien stellen Frauen mit 52 Prozent die Mehrheit der Wählerschaft. Mehr als die Hälfte von ihnen hat für Lula gestimmt. Im neuen Kabinett sind elf der insgesamt 37 Ministerien mit Frauen besetzt.

Die emotionale Macht von Ehefrau Janja

Am größten ist der politische Einfluss von Lulas Ehefrau Rosângela Lula da Silva, genannt Janja. Die 56-jährige Soziologin hat zwar keinen Kabinettsposten erhalten, agiert aber hinter den Kulissen der neuen Regierung in Brasilia. Die Feministin avancierte innerhalb weniger Wochen zum neuen politischen Superstar des Landes.

"Die Frauen haben Lula zum Wahlsieger gemacht, weil ihnen das Duo Lula-Janja gefiel", stellt die brasilianische Kolumnistin Vera Iaconelli in der Tageszeitung "Folha de S.Paulo" fest. "Janja ist eine First Lady, für die das Land vielleicht noch nicht vorbereitet ist."

Die politische Aktivistin, seit 1983 Mitglied der Arbeiterpartei PT, und Lula kennen sich seit mehr als 30 Jahren. Ihre Beziehung begann im April 2018, ein Jahr nach dem Tod von Lulas zweiter Ehefrau Marisa Leticia. Die Feier zur Amtseinführung am 1. Januar lag in ihren Händen.

Erste indigene Ministerin

Um das Topthema Umwelt- und Klimaschutz kümmern sich gleich zwei Frauen: Die ehemalige brasilianische Umweltministerin Marina Silva wird erneut das Umweltministerium leiten. Die indigene Aktivistin Sonia Guajajara wurde zur Ministerin des neu geschaffenen Ministeriums der Indigenen Völker ernannt.

Guajajara gehört laut dem US-amerikanischen Magazin "Time" zu den 100 einflussreichsten Personen im Jahr 2022. Sie wurde 1979 im Indigenen-Reservat Arariboia im Bundesstaat Maranhão geboren und hat in den vergangenen zehn Jahren die Kampagnen des Verbandes der Indigenen Brasiliens (APIB) koordiniert und ist aufgrund ihrer Präsenz auf den UN-Klimakonferenzen auch international bekannt.

Marina Silva kehrt zurück

Die mehrfach ausgezeichnete und international bekannte Politikerin Marina Silva will als Umweltministerin die unter Ex-Präsident Jair Bolsonaro vorangetriebene Zerstörung des Amazonas stoppen. Silva wuchs in einer Familie von Kautschukzapfern im Amazonasgebiet auf. 1994 zog sie mit 36 Jahren als jüngste Abgeordnete der Geschichte Brasiliens in den Senat ein.

2003 wurde sie von Lula zur Umweltministerin berufen. Fünf Jahre später trat sie nach einem Streit über Umweltauflagen beim Bau von Wasserkraftwerken zurück und kehrte der PT den Rücken. 2014 trat sie mit ihrer eigenen Partei bei den Präsidentschaftswahlen an.

Ministerinnen gegen Rassismus und Gewalt

Ein wichtiges politisches Signal gegen Rassismus und Frauengewalt geht auch von der Ernennung der beiden Frauen Anielle Franco und Aparecida Gonçalves aus. Denn in Brasilien nimmt die Gewalt gegen Frauen seit 2015 zu.

"Wir brauchen eine Regierung, die sich um die Rechte und das Wohlergehen der 115 Millionen schwarzen Menschen im Land kümmert", erklärt Anielle Franco, Schwester der im März 2018 ermordeten Politikerin Marielle Franco. Als Ministerin für ethnische Gleichstellung will sie die Rechte der schwarzen Bevölkerung stärken.

Die Feministin Aparecida Gonçalves ist Brasiliens neue Frauenministerin. Sie hat bereits als Staatssekretärin in Lulas vorheriger Amtszeit (2003 bis 2011) die wachsende Gewalt gegen Frauen in Brasilen bekämpft. Die 60-Jährige ist Genderexpertin und Gründungsmitglied der PT.

Wie tief Rassismus und andere Formen der Diskriminierung in der brasilianischen Gesellschaft verwurzelt sind, zeigen zahlreiche Äußerungen von Ex-Präsident Bolsonaro. So betonte er mehrfach, seine Söhne seien zu gut erzogen, um sich mit schwarzen Frauen oder Homosexuellen einzulassen. Der ehemaligen Ministerin für Menschenrechte Maria do Rosario rief er noch als Abgeordneter im Kongressplenum zu, sie sei es nicht wert, vergewaltigt zu werden.

Frauenrechte statt Parteibuch

Als Feministin bezeichnet sich auch die neue Planungsministerin Simone Tebet. Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin des liberalen Wahlbündnisses Coligação Brasil para Todos (Koalition Brasilien für Alle) unterstützte im zweiten Wahlgang die Kandidatur Lulas.

Als klare Ansage kann auch die Ernennung der Soziologin Nísia Trindade zur ersten Gesundheitsministerin Brasiliens verstanden werden. Die Expertin für öffentliche Gesundheit war Leiterin der renommierten Forschungsinstituts Fundação Fiocruz in Rio, das während der Corona-Pandemie eine entscheidende Rolle beim Kampf gegen das Virus spielte.

Brasilianisch-britische Kooperation

Während Ex-Präsident Bolsonaro COVID-19 als "kleine Grippe" abtat und Impfungen für nicht für notwendig erachtete, koordinierte Trindade die Kooperation mit dem Pharmakonzern AstraZeneca und der Universität Oxford. Dies ermöglichte die einheimische Vakzin-Produktion und die Versorgung der brasilianischen Bevölkerung mit dem Impfstoff.

Politische Beobachter sind sich einig: Unter Lula haben die Frauen an politischem Einfluss gewonnen, auch wenn noch mehr möglich gewesen wäre. Der Völkerrechtler Thiago Amparo verteilt in seiner Kolumne gleichermaßen Lob und Kritik: "In Lulas Kabinett haben Frauen den bisher größten Anteil in der Geschichte Brasiliens", schreibt er. "Allerdings sind 70 Prozent der Ministerposten weiter von Männern besetzt."

Autorin: Astrid Prange de Oliveira (Deutsche Welle)

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