Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
Brasilien |

Lula: "Brasilien und der Planet brauchen einen lebendigen Amazonas"

Brasiliens künftiger Präsident Lula ist die große Hoffnung für die globale Klimabewegung. Bei seiner ersten Rede als Wahlsieger gab er das Ziel "Null Abholzung" aus. 

Lula da Silva bei einer Rede am 16. November vergangenen Jahres in Paris. Foto: Lula no Instituto Sciences Po, Mídia NINJA, CC BY-NC 4.0

Lula da Silva bei einer Rede am 16. November vergangenen Jahres in Paris. Foto (Symbolfoto): Lula no Instituto Sciences Po, Oliver Kornblihtt, Mídia NINJACC BY-NC 4.0

Er war kaum zum Wahlsieger erklärt worden, da griff Lula da Silva am 30. Oktober zum Mikrofon und hielt eine erste programmatische Rede. Während einer halben Stunde skizzierte der künftige brasilianische Staatschef noch am Wahlabend sein Regierungsprogramm für die kommenden vier Jahre. Und dabei ging es sehr viel ums Klima und den Amazonas. Aufhorchen ließ Lulas zentrale Aussage, für die er nur zwei Worte benötigte: „Desmatamento zero“. Null Abholzung. 

Ziel: "Null Abholzung"

Nichts weniger als ein radikales Umdenken in der Umweltpolitik zu Amtsinhaber Jair Bolsonaro versprach der Linkspolitiker für seine dritte Amtszeit, die im Januar beginnt. Brasilien sei nach vier Jahren wieder „zurück“, versprach Lula und meinte damit: zurück in der Gemeinschaft der demokratischen Staaten und im Kreis der Klimakämpfer. „Brasilien und der Planet brauchen einen lebendigen Amazonas. Ein stehender Baum ist mehr wert als tonnenweise illegal geschlagenes Holz“.
 
Bolsonaro hingegen ist die Umwelt völlig egal, er hat den heimischen Regenwald zur vollständigen Ausbeutung, Abholzung und Bewirtschaftung freigegeben. Die Forderungen nach Klima- und Ureinwohnerschutz waren ihm dabei nur ein lästiges Störfeuer aus dem Ausland. Unter dem Amtsinhaber nahm die Abholzung des Amazonasgebiets eine Geschwindigkeit auf, die ohne Beispiel ist. Das brasilianische Institut für Weltraumforschung (INPE) hat errechnet, dass die Zahl der zerstörten Waldflächen in den ersten drei Jahren seiner Amtszeit um 73 Prozent zugenommen hat - für 2022 gibt es noch keine konsolidierten Daten.

Amazonas unter Bolsonaro ausgebeutet

Auch während Lulas ersten beiden Amtszeiten zwischen 2003 und 2011 wurde im Amazonasgebiet abgeholzt. Aber der Linkspräsident dämmte laut INPE die Entwaldung in seiner Zeit um 70 Prozent ein. Dabei war er aber stets ein großer Freund von Megaprojekten im tropischen Regenwald wie dem Wasserkraftwerk Belo Monte. Unter anderem deshalb wandte sich zum Beispiel Marina Silva, Umweltministerin und Ikone der Ökobewegung, von ihm ab. Inzwischen ist sie wieder an seine Seite zurückgekehrt und wird als künftige Umweltministerin gehandelt. „Er hat sich geändert und Umweltschutz zur obersten Priorität erklärt. Das gilt nicht nur für seine Regierung, sondern auch für ihn persönlich“, sagte Silva dem SPIEGEL. 
 
Tatsächlich ist Lula 2.0 offensichtlich gewachsen am Thema. Der künftige brasilianische Staatschef ist heute ein großes Versprechen für den globalen Umweltschutz. Denn in dem Kampf für das 1,5-Grad-Ziel kommt dem größten Land Lateinamerikas eine zentrale Rolle zu. Gut 60 Prozent des Amazonas-Urwalds liegen in Brasilien. Und der Regenwald ist die grüne Lunge der Welt, der anderthalb Mal die Fläche der Europäischen Union umfasst. Er ist so für ein stabiles Weltklima entscheidend wichtig. Ein gesunder Regenwald bindet Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Luft, das für die Erderwärmung verantwortlich ist. Abgeholzte Wälder sind hingegen große Quelle für Treibhausemissionen.

Regenwaldschutz für Klima entscheidend

Mit einem dem Umweltschutz verpflichteten Brasilien ist es nach Experteneinschätzung möglich, den „Tipping-Point“ nach hinten zu verschieben oder ganz zu verhindern. Ab diesem Kipppunkt nimmt der Urwald durch weitere Abholzung unwiederbringlichen Schaden.
 
Aber Lulas Null-Abholzung-Versprechen werde wohl vorerst ein Wunschtraum bleiben, fürchtet Marcio Astrini, Generalsekretär der Klimabeobachtungsstelle „Observatório do Clima“. „Die Entwaldung wird im kommenden Jahr noch hoch sein.“ Denn es sei fast unmöglich, die Zerstörung in einem von Kriminellen und Milizen beherrschten Amazonasgebiet aufzuhalten. Aber schon eine deutliche Reduzierung des aktuellen Raubbaus wäre ein Gewinn.

Stärkung der Umweltbehörden

Zudem muss die neue Regierung wieder aufbauen, was die aktuelle Administration zerstört hat. Die Überwachungs- und Kontrollinstitutionen wie INPE und die Umweltbehörden IBAMA und das Chico-Mendes-Institut für Biodiversitätserhalt (ICMBio) müssen gestärkt werden. Die beiden Einrichtungen wurden ebenso wie die Ureinwohnerbehörde FUNAI mit massiven Haushaltskürzungen und Entlassungen von Fachleuten und Experten systematisch demontiert. 
 
Hier will der Linkspolitiker im Januar unmittelbar ansetzen. „Wir werden die Überwachung des Amazonasgebiets wieder aufnehmen und gegen alle illegalen Aktivitäten vorgehen - ob es sich nun um das Goldschürfen, den Bergbau, den Holzeinschlag oder die unrechtmäßige Nutzung von Ackerland und Viehzucht handelt", versprach er noch am Wahlabend. Gleichzeitig wolle er die nachhaltige Entwicklung der im Amazonasgebiet lebenden Gemeinschaften fördern. „Wir werden einmal mehr beweisen, dass es möglich ist, Wohlstand zu schaffen, ohne die Umwelt zu zerstören", unterstrich Lula.

Lula zu Gast bei der Klimakonferenz

Diese Botschaft will er auch mit nach Scharm al-Scheich nehmen, wo er am 16. November zum Ende der COP27-Konferenz gemeinsam mit Marina Silva als Gast erwartet wird und seine künftige Klimaagenda vorstellen will. Die Vereinten Nationen und Ägyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi hatten Lula eingeladen. Bolsonaro bezeichnete seinen künftigen Nachfolger verärgert als „Usurpator" und beschuldigte ihn, sich „die Präsidentenschärpe vorzeitig“ umhängen zu wollen. 
 
Dabei drängen Experten und Umweltschützer aus der ganzen Welt auf Lulas Anwesenheit als zentraler Akteur und strategische Stimme in der Klimafrage. Auch Länder aus dem globalen Süden mit ähnlichen Gefahrenlagen wie das südamerikanische Land bauen auf den Linkspolitiker. „Eine Allianz von Ländern wie Brasilien, Indonesien und der Demokratischen Republik Kongo, die alle mit ähnlichen Bedrohungen konfrontiert sind, kann Druck auf die reicheren Länder ausüben, damit sie ihre Bemühungen zum Stopp der Entwaldung beschleunigen", sagt etwas Annisa Rahmawati, Leiterin der indonesischen Naturschutzgruppe Satya Bumi.

Autor: Klaus Ehringfeld, Mexiko

Weitere Nachrichten zu: Politik, Umwelt

Cookie Einstellungen

Erforderliche Cookies sind für den reibungslosen Betrieb der Website zuständig, indem sie Kernfunktionalitäten ermöglichen, ohne die unsere Website nicht richtig funktioniert. Diese Cookies können nur über Ihre Browser-Einstellungen deaktiviert werden.

Anbieter:

Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.

Datenschutz

Marketing-Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer sind und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz

Statistik-Cookies dienen der Analyse und helfen uns dabei zu verstehen, wie Besucher mit unserer Website interagieren, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden. Auf Basis dieser Informationen können wir unsere Website für Sie weiter verbessern und optimieren.

Anbieter:

Google Ireland Limited

Datenschutz