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Argentinien, Brasilien, Chile, Kolumbien |

Lateinamerikas Rechte und Konservative in der Krise

Ab Januar werden Lateinamerikas größte Länder durchweg links regiert. Das zuvor so mächtige rechte oder konservative Lager findet sich auf der harten Oppositionsbank wieder. Gründe dafür gibt es viele.

Luiz Inácio Lula da Silva (hier auf einer Veranstaltung nach dem ersten Wahlgang) ist ab Januar wieder Präsident von Brasilien. Foto: Adveniat/Thomas Milz

Wenn Luiz Inacio Lula da Silva am 1. Januar in Brasilien nach 2003 und 2007 seine insgesamt dritte Präsidentschaft antritt, dann ist eine bemerkenswerte politische Kehrtwende in Lateinamerika perfekt. Binnen zwölf Monaten traten mit Xiomara Castro (63) in Honduras, Gabriel Boric (36) in Chile, Gustavo Petro (62) in Kolumbien und schließlich mit Lula (77) vier Linkspolitiker ihr Amt in einem Land an, das zuvor konservativ oder rechtspopulistisch regiert wurde. Lateinamerikas größte Volkswirtschaften - von Mexiko über Brasilien, Argentinien, Chile, Peru und Kolumbien - sind dann sozialdemokratisch, sozialistisch oder linkspopulistisch regiert; ergänzt um die drei Linksautokratien Kuba, Nicaragua und Venezuela.

Kolumbien: Rechte in der strategischen Falle

Kurzum: Lateinamerikas Rechte ist abgewählt und politisch derzeit weitgehend führungslos. Gründe dafür gibt es viele, und sie sind von Land zu Land unterschiedlich. In Kolumbien setzte die Rechte um Ex-Präsident Alvaro Uribe immer noch auf das alte Geschäftsmodell: "Wir beschützen euch gegen den linken Terrorismus!" Doch seit die FARC-Guerilla einen Friedensvertrag unterschrieb und sich überwiegend entwaffnete, fehlt diesem Argument die Zugkraft. Mehr noch: Es wirkt wie aus der Zeit gefallen.

Und weil Gustavo Petro den Wählern eine konsequente Fortführung des Friedensprozesses versprach, während dessen konservativer Vorgänger Ivan Duque eben diesen Prozess bremste, sorgte das Wahlvolk in Kolumbien für eine Zeitenwende. Erstmals regiert ein echter Linker das Land. Auch wenn der Start holprig ist, eine Mordserie gegen Sozialaktivisten weiterläuft, als hätte es den Politikwechsel nie gegeben, tut sich die Rechte schwer. Sie muss sich neu erfinden, braucht eine neue inhaltliche und personelle Marschroute. Bei den Präsidentenwahlen schaffte sie es zuletzt nicht mal mehr in die Stichwahl.

Kolumbiens lautstärkste, bisweilen auch pöbelnde Oppositionspolitikerin Maria Fernanda Cabal wurde derweil von Petro ausgetrickst: Cabals Ehemann sitzt als Chef des mächtigen Viehzüchterverbandes mit am Verhandlungstisch, wenn die Petro-Regierung nun auch mit der immer noch aktiven ELN-Guerilla Frieden schließen will. Die Rechte sitzt in einer strategischen Falle.

Chile: Rechtskonservative profitieren

In Chile sieht die Situation schon etwas anders aus. Chiles junger Präsident Boric hat mit schlechten Umfragewerten zu kämpfen. Ein vom Regierungslager vorangetriebenes ambitioniertes Projekt für eine neue Verfassung wurde vom Wahlvolk krachend abgelehnt. Vielen war das zu viel Zeitenwende und linke Ideologie. Borics Widersacher in der Stichwahl, der Rechtskonservative Jose Antonio Kast (56), profitiert von handwerklichen Fehlern des Boric-Lagers.

"Feuerwehrleute, die Ermittlungsbehörden und die Polizei sind die angesehensten Institutionen in Chile; und die Kommunistische Partei die am stärksten abgelehnte im Land", kommentierte Kast am Wochenende süffisant. Doch auch ihm fehlt ein neues Geschäftsmodell - das die Rechte dringend brauchen wird, sollte Boric aufhören, Fehler zu machen, und seine Umfragewerte wieder steigen.

Argentinien: Anbandeln mit den Evangelikalen

Die katholische Kirche, einst eng mit dem konservativen Lager auf dem Kontinent verbunden, ist unter Papst Franziskus sozial- und wirtschaftspolitisch eher nach links gerückt. Vom ersten Papst aus Lateinamerika sind viele rechtskonservative Politiker enttäuscht; sie verurteilen sein Schweigen zu Menschenrechtsverletzungen in Kuba, Nicaragua und Venezuela und finden seine Kapitalismuskritik grenzwertig.

Und so suchen immer mehr rechte Politiker und Parteien in Lateinamerika die Nähe zu den stetig wachsenden, als überwiegend konservativ geltenden evangelikalen Kirchen. Laut der linken Tageszeitung "Pagina 12" bandelt das konservative Lager ausgerechnet im Heimatland des Papstes mit neuen geistlichen Partnern an: "Die strategische Allianz von "Juntos por el Cambio" (Gemeinsam für den Wandel) mit den Evangelikalen und den Libertären" nehme immer mehr Gestalt an.

In Argentinien wird 2023 gewählt. Dann wird sich zeigen, ob das konservative Lager, in welcher Konstellation auch immer, mit einem Wahlsieg einen gegenläufigen Trend einleiten kann - oder ob es beim Siegeszug der Linken bleibt.

Autor: Tobias Käufer (KNA)

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