Kolumbien: Militärs gestehen Ermordungen im Falsos-Positivos-Skandal

Wandmalerei gegen Gewalt in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá. Foto (Symbolbild): Adveniat/Jürgen Escher
Mitglieder der kolumbianischen Streitkräfte haben erstmals öffentlich die Ermordung unschuldiger Zivilisten im Bürgerkrieg gestanden. Bei einer Anhörung der Sondergerichtsbarkeit für den Frieden (JEP) zur Aufklärung von Menschenrechtsverbrechen im Kampf zwischen Staat und Linksguerilla hat eine Gruppe von elf kolumbianischen Soldaten am Dienstag, 26. April 2022 ihre Mitverantwortung im sogenannten "Falsos-Positivos-Skandal" (deutsch: falsche Positive) eingeräumt, berichtet die Nachrichtenagentur EFE.
"Ich gebe es zu, wir haben unschuldige Bauern ermordet", erklärte der pensionierte Unteroffizier der Armee, Néstor Guillermo Gutiérrez Salazar bei einer öffentlichen Anhörung in Ocaña im Departamento Norte de Santander, informiert der kolumbianische Nachrichtensender "Caracol TV". "Ich habe die Verwandten derer, die hier sind, hingerichtet, [...] ich habe Kinder ohne Vater, Mütter ohne Kinder hinterlassen." Als erster Unteroffizier und Mitglied der mobilen Brigade Nr. 15 der Armee habe er zwischen 2007 und 2008 mehrere unschuldige Jugendliche ermordet und sie gegenüber der Militärführung als getötete Guerilleros ausgegeben.
Für andere Soldaten habe er Listen mit Namen möglicher Opfer erstellt. Über enge Kontakte zu privaten Paramilitärs seien Schusswaffen beschafft worden, um diese als Waffen der unschuldig Ermordeten auszugeben. Bei der Anhörung, bei der Hinterbliebene der Opfer anwesend waren, bekannten sich ein General, vier Oberste und fünf pensionierte Armeesoldaten zu ihrer Verantwortung, so "Caracol TV". In der Region sind mindestens 120 Zivilisten ermordet worden. Man habe "die Regierung glücklich machen wollen", so ein Militär. Die "falschen Positiven" sind eines der dunkelsten Kapitel des bewaffneten Konflikts in Kolumbien. Im Bürgerkrieg erhielten Militärs für die Erschießung von Guerilleros Belohnungen wie Sonderurlaub und Beförderungen. In rund 3.000 Fällen wurden wahllos ausgesuchte Zivilsten als erschossene Guerilleros ausgegeben. (bb)