Kolumbiens Ex-Präsident will nicht vor Wahrheitskommission
Kolumbiens früherer Präsident Alvaro Uribe will nicht vor der Wahrheitskommission zur Aufarbeitung des bewaffneten Konfliktes in dem Land zum Skandal der "falsos positivos" (gefälschte Beweise) aussagen. Das berichtet die Tageszeitung "El Tiempo". Zuvor hatte der Vorsitzende der Wahrheitskommission, Francisco de Roux, den rechtsgerichteten Politiker zu einer Entschuldigung für die während seiner Amtszeit vorgefallene Praxis der "falsos positivos" aufgefordert. Das müsse aber freiwillig geschehen, sagte de Roux laut Tageszeitung "El Espectador". "Wir können niemanden zwingen, wir sind keine Richter", so der Jesuit.
Uribe sagte dem Nachrichtenmagazin "Semana", die Vorfälle von damals seien schmerzhaft. "In einem Buch, das ich vor einigen Jahren geschrieben habe, habe ich mich bei den Opfern und bei allen Kolumbianern entschuldigt", so der Politiker, der das Land von 2002 bis 2010 regierte.
Der in dem südamerikanischen Land unter "falsos positivos" bezeichnete Skandal umfasst die Praxis von Militärangehörigen während des Bürgerkrieges gegen die linksgerichtete FARC-Guerilla, Zivilisten zu töten und sie anschließend als Guerilla-Kämpfer auszugeben, um an Prämienzahlungen oder Sonderurlaub zu gelangen. Anlass der Aufforderung von de Roux war die Aussage des früheren Präsidenten Juan Manuel Santos, der sich vor der Kommission zu dem Sachverhalt äußerte und die Opfer um Vergebung bat.
Santos war während der Amtszeit Uribes unter anderem Verteidigungsminister. Wie viele unschuldige Menschen in der Präsidentschaft Uribes den "falsos positivos" zum Opfer fielen, ist unklar; Beobachter sprechen von Hunderten oder gar tausenden Zivilisten.
Die Schaffung der Wahrheitskommission ist Ergebnis des vor fünf Jahren unterzeichneten Friedensvertrages: Im November 2016 hatte die Regierung des damaligen Präsidenten Santos nach vierjährigen Verhandlungen ein Abkommen mit der größten Rebellenorganisation des Landes, FARC, unterzeichnet. Es beendete den mehr als 50 Jahre andauernden Bürgerkrieg. Für seinen Einsatz erhielt Santos Ende 2016 den Friedensnobelpreis. Die entwaffnete FARC sitzt inzwischen umbenannt in "Comunes" als politische Partei im Parlament. Ein Teil ihrer Kämpfer verweigert sich allerdings dem Friedensprozess und setzt den bewaffneten Kampf fort.