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Kuba, Kolumbien |

Kolumbien: Auftakt für Friedensverhandlungen in Havanna

Die kolumbianische Regierung und die Guerillaorganisation Nationale Befreiungsarmee (ELN) haben offiziell den Willen zur Wiederaufnahme der seit 2019 unterbrochenen Friedensverhandlungen in Kuba bekundet. Der kolumbianische Hochkommissar für den Frieden, Danilo Rueda, kündigte am Freitag, 12. August 2022 in Havanna an, dass Kolumbien die vom Staat eingegangenen Verpflichtungen erfüllen, die in Kuba verbliebene ELN-Delegation anerkennen und alle notwendigen rechtlichen Maßnahmen ergreifen werde, um die Bedingungen für die Wiederaufnahme der Gespräche zu gewährleisten. 

Graffiti gegen Gewalt in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá. Foto (Symbolbild): Adveniat/Jürgen Escher

Graffiti gegen Gewalt in Kolumbiens Hauptstadt Bogotá. Foto (Symbolbild): Adveniat/Jürgen Escher

„Wir stellen fest, dass die ELN den Friedenswillen der kolumbianischen Regierung teilt und dass sie auf die Stimmen vieler Teile der Gesellschaft hört, die eine Lösung des bewaffneten Konflikts durch Dialog fordern“, erklärte Rueda. Beide Seiten seien sich einig, dass ein Dialogprozess wieder aufgenommen werden müsse, „der der kolumbianischen Gesellschaft und der Welt zeigt, dass dieser Wille real ist. Wir, die Teilnehmer dieses ersten Treffens, sind entschlossen, unser Bestes zu tun, um den stabilen, dauerhaften und nachhaltigen Frieden zu schaffen, den Kolumbien und die Menschheit verdienen.“ In Anwesenheit der Delegation der letzten aktiven Guerillagruppe in Kolumbien unter der Leitung von ELN-Verhandlungsführer Pablo Beltrán erkannte Rueda offiziell „die Legitimität der Dialogdelegation der ELN bei der Suche nach Frieden“ an.

Katholische Kirche sitzt mit am Tisch

Rueda ist Teil der kolumbianischen Delegation unter der Leitung des neuen Außenministers Álvaro Leyva, die am Donnerstag überraschend nach Havanna gereist war, um die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit der ELN zu erreichen. Der Delegation gehörte auch Monsignore Héctor Fabio Henao als Vertreter der Katholischen Kirche an.

Die Verhandlungen der damaligen kolumbianischen Regierung Juan Manuel Santos mit der marxistisch orientieren Guerrilla waren 2017 in Ecuadors Hauptstadt Quito begonnen worden und wurden 2018 nach Havanna verlegt. Nach einem von der ELN verübten Anschlag auf eine Polizeischule in Bogotá im Jahr 2019, bei dem 22 Menschen starben und 68 verletzt wurden, setzte Santos' Nachfolger Iván Duque die Gespräche aus und reaktivierte die Haftbefehle gegen die ELN-Führer in Havanna.

Duque setzte sich damit über die zwischen der Regierung Santos und der ELN unterzeichneten Protokolle hinweg. Dabei handelt es sich um eine Art Spielregeln für die Verhandlungen. Sie sahen beispielsweise vor, dass im Falle eines Abbruchs der Gespräche die Delegierten der Guerilla und der Regierung eine Frist von 15 Tagen haben, um nach Kolumbien zurückzukehren, und dass erforderlichenfalls die Militäroperationen in den Gebieten des Landes, in denen die ELN-Verhandlungsführer eintreffen, für 72 Stunden eingestellt würden. 

Diplomatische Krise nach Abbruch der Gespräche

Die Regierung Duque ignorierte die Vereinbarungen und rief stattdessen Kuba auf, die ELN-Unterhändler auszuliefern. Die Regierung in Havanna lehnte dies mit Verweis auf internationales Recht und das vereinbarte Protokoll ab. Das führte zu einer diplomatischen Krise zwischen beiden Ländern. Duque beschuldigte die Insel, Terroristen zu schützen. Die Anwesenheit der ELN-Delegation auf Kuba diente der US-Regierung Donald Trump schließlich als Vorwand für die Einstufung Kubas als staatlicher Förderer des Terrorismus. Eine Entscheidung, die die Regierung Joe Biden beibehalten hat.

An eine Wiederaufnahme der Gespräche war nicht zu denken, ohne zuvor die 2016 von Santos unterzeichneten Protokolle anzuerkennen. Die Ankündigung vom Freitag ist erst der Anfang eines neuen Lebens für die Protokolle, die nun von der Regierung Petro, der ELN und den Regierungen Kubas und Norwegens als Garanten unterzeichnet werden müssen.

ELN lässt Geiseln frei

Der gerade erst ins Präsidentenamt gekommene ehemalige M-19-Guerillero Gustavo Petro hat erklärt, er wolle Friedensgespräche mit den verbleibenden bewaffneten Gruppen des Landes aufnehmen, um die Gewalt in den ländlichen Gebieten einzudämmen und Kolumbien einen dauerhaften Frieden zu bringen. Auch die 1964 gegründete ELN, die seit langem von den USA als terroristische Organisation eingestuft wird, hat ihren Wunsch bekundet, an den Verhandlungstisch mit der neuen Regierung zurückzukehren. Die Guerilla ist heute stärker als vor vier Jahren. Sie verfügt über mindestens 2.500 bewaffnete Kämpfer und ist zudem auf venezolanischem Gebiet präsent, so dass keine einfachen oder schnellen Verhandlungen zu erwarten sind.

Wenige Minuten nach Ruedas Erklärung ließ die ELN neun Menschen, die als Geiseln gehalten worden waren, in Arauca, einer der ländlichen Regionen, die am meisten unter der Gewalt der Guerilla gelitten haben, frei. Die Wiederaufnahme der Gespräche hat einen guten Anfang gemacht, aber leicht wird die Beendigung des Konflikts nicht.

 

Projekt "Botschafter für den Frieden"
Mit Unterstützung des deutschen Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat werden im kolumbianischen Cartagena Jugendliche zu "Botschaftern für den Frieden" ausgebildet. Erfahren Sie mehr darüber und helfen Sie mit!

Autor: Andreas Knobloch, Kuba

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