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Haiti: Druck auf Präsident Jovenel Moise wächst

Proteste und Streiks erschüttern den bettelarmen Karibikstaat Haiti. Im Zentrum steht der Streit um die Amtszeit des Staatsoberhauptes. Nun legt auch die katholische Kirche Präsident Jovenel Moise einen Rücktritt nahe.

Stadtansicht der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Foto: Adveniat/Martin Steffen

Stadtansicht der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Foto: Adveniat/Martin Steffen

Nichts ging mehr in Haitis Hauptstadt am Dienstag. Die Opposition und zahlreiche Organisationen aus der Zivilgesellschaft hatten zu einem Generalstreik aufgerufen, den weite Teile der Bevölkerung auch befolgten. Die Proteste sollen mindestens bis zum kommenden Sonntag anhalten: dem 7. Februar. Dann endet nach Lesart der Regierungskritiker die vierjährige Amtszeit von Staatspräsident Jovenel Moise. Sie berufen sich dabei auf einen Artikel der Verfassung aus dem Jahr 1987.

Moise hingegen interpretiert die Verfassung anders und geht von einer Amtszeit von fünf Jahren aus. Er kündigte ein Verfassungsreferendum für das Frühjahr an und Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), die USA und weitere Länder stehen bislang hinter dieser Sichtweise.

Streit um Dauer der Amtszeit des Präsidenten

Doch der Widerstand dagegen wächst: Hunderte Demonstranten forderten am vergangenen Wochenende in verschiedenen Städten des Landes den Rücktritt Moises. In mindestens fünf Städten errichteten die Regierungsgegner Straßenblockaden. Die Demonstrationen sollen die ganze Woche anhalten.

Inmitten dieser Proteste hat die katholische Kirche den Staatspräsidenten indirekt zum Rücktritt aufgefordert. In einer am Dienstag (Ortszeit), 2. Februar 2021, veröffentlichen Stellungnahme der Haitianischen Bischofskonferenz heißt es, "niemand stehe über dem Gesetz und der Verfassung". Der Präsident habe das Wahlgesetz in der Vergangenheit mehrmals angewendet und damit auch für sich akzeptiert, schrieben die Bischöfe. Die ganze Welt wolle, dass Haiti ein Rechtsstaat sei.

Präsidentenberater Stanley Lucas kritisierte im Kurznachrichtendienst Twitter die Empfehlung der Bischöfe: Die katholische Kirche ziehe es vor, einer Koalition der Oligarchen beizutreten, die das bestehende System schützen wolle, anstatt Demokratie, Reformen und Modernisierung zu begleiten.

Kirche kritisiert politische und soziale Situation 

Die Bischöfe gingen auch auf die Welle der Kriminalität ein, die das Land erschüttere. Haiti stehe an der Grenze einer Explosion. "Der Alltag der Menschen bestehe aus dem Tod, Morden, Straflosigkeit und Unsicherheit."

Ähnlich hatten sich im Januar die Vereinten Nationen geäußert. Das UN-Menschenrechtskommissariat zeigte sich besorgt darüber, dass anhaltende Unsicherheit, Armut und strukturelle Ungleichheit in Verbindung mit zunehmenden politischen Spannungen zu öffentlicher Unzufriedenheit führen könnten, auf die mit gewaltsamer Unterdrückung durch die Polizei und anderen Menschenrechtsverletzungen reagiert werden könnte.

In den vergangenen Monaten hätten Entführungen wegen Lösegeld, Angriffe krimineller Banden gegen rivalisierende Nachbarschaften und weit verbreitete Unsicherheit in einem Umfeld fast völliger Straflosigkeit zugenommen. Hinzu kämen politische Spannungen aufgrund von Streitigkeiten über Zeitpunkt und Umfang der Wahlen und eines von der Regierung vorgeschlagenen Referendums über die Verfassungsreform.

Corona-Krise verstärkt Armut und Hunger

Das Land ist seit Monaten in einer Spirale von Krisen und Streiks gefangen. Zuletzt sorgte ein umstrittener Polizeistreik für Unruhe, danach legte ein Streik der Staatsanwälte das Justizsystem des Landes lahm. Hinzu kamen Proteste von Studenten, die zuletzt gegen die Ermordung eines Professors und dann gegen die brutale Vergewaltigung einer Schülerin demonstrierten. Die Corona-Krise sorgte zudem für einen wirtschaftlichen Einbruch. Fast die Hälfte der haitianischen Bevölkerung benötigt nach einer jüngsten Einschätzung des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten humanitäre Hilfe. Die Ernährungsgrundlage von rund 4,1 Millionen Menschen sei in Folge der Corona-Pandemie nicht sichergestellt.

Quelle: kna, Autor: Tobias Käufer

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