Dominikanische Republik macht dicht gegen Migranten aus Haiti
Um die Migration aus Haiti zu stoppen, greift die Regierung in Santo Domingo zu drastischen Maßnahmen: Nun soll die Armee die Grenze schützen. Zugleich verhandeln die Politiker beider Länder.
"Eine ungesicherte Grenze mit fehlendem Schutz und Militärposten, schlechter Ausstattung und kommunikationsunfähig - das ist eine Sache der Vergangenheit", sagte der dominikanische Verteidigungsminister General Carlos Luciano Díaz Morfa in dieser Woche der Tageszeitung "Listin Diario". Gemeint ist die Grenze zwischen der Dominikanischen Republik, dem Urlaubsziel vieler Deutscher und anderer Europäer, und Haiti, dem ärmsten Land der westlichen Hemisphäre.
Migranten hoffen auf bessere Zukunft
Das Thema der Migration aus Haiti in den Nachbarstaat ist seit Jahren etwas, was die Beziehungen zwischen beiden Ländern belastet. Tausende Haitianer versuchen monatlich die Grenze zu überwinden, in der Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben in der Dominikanischen Republik. Haiti, von Naturkatastrophen wie dem verheerenden Erdbeben 2010, einem von außen eingeschleppten Cholera-Ausbruch oder Tropenstürmen heimgesucht, befindet sich seit Jahren in einem Teufelskreis. Angetrieben von innenpolitischen Krisen und Korruption. All das führt zu einem Mix aus Gewalt, Kriminalität und Perspektivlosigkeit, der in einem Entschluss vieler Haitianer mündet: Nur weg von hier.
Corona hat dem Tourismus geschadet
Doch auch die Dominikanische Republik ist derzeit von der Corona-Pandemie hart getroffen. Mehr als 80 Prozent des Auslandstourismus sind in diesem Jahr weggebrochen, die wohl wichtigste Einnahmequelle des Karibikstaates. Das führt zu Armut, Arbeitslosigkeit und verstärkt die ohnehin migrationskritische Einstellung vieler Einwohner.
Das alles mündet in einem Projekt, mit dem sich die Regierung in Santo Domingo freischwimmen will. Sie will einerseits die Zuwanderung stoppen und sich auf der anderen Seite nach innen als fest entschlossen präsentieren. Konkret bedeutet das: 9.748 Soldaten sind an die Landesgrenze zu Haiti verlegt worden und sollen dort nun gemeinsam mit 120 Fachkräften des Inlandsgeheimdienstes die Migration aus Haiti stoppen. "Die dominikanische Gesellschaft kann sicher sein, dass die Armee, besonders die an der Grenze postierten Einheiten, diese Mission sehr aufmerksam umsetzen", verspricht der Verteidigungsminister.
Soldaten und Diplomatie gegen Einwanderung
Zeitgleich forciert die Dominikanische Regierung ihre diplomatischen Anstrengungen, das Thema mit Haiti auf politischer Ebene voranzutreiben. Zu Wochenbeginn kam es zu einem Treffen des Chefs der dominikanischen Migrationsbehörde, Enrique Garcia, mit seinem haitianischen Amtskollegen Joseph Cianciulli. Ziel soll laut dominikanischen Angaben sein, die legale Migration und den Grenzverkehr beider Länder besser zu organisieren. Die menschliche Mauer aus Soldaten dient da als diplomatisches Druckmittel.
Hinzu kommt die aktuelle Corona-Pandemie: Seit einiger Zeit seien beide Seiten dabei, ein Hygiene-Konzept zu entwickeln, um den Handel zwischen beiden Ländern und die Wirtschaft anzukurbeln, die durch die Corona-Krise praktisch zum Stillstand gekommen sei, sagt Garcia.
UN: Vier Millionen Menschen in Haiti von Hunger bedroht
Die Lage in Haiti ist derweil dramatisch. Fast die Hälfte der haitianischen Bevölkerung benötigt nach Einschätzung des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten Nothilfe. In einem vor wenigen Wochen veröffentlichten Dokument heißt es, dass die Ernährungsgrundlage von rund 4,1 Millionen Menschen in Folge der Corona-Pandemie nicht sichergestellt sei. Unter den Folgen der Corona-Pandemie litten auch schwangere Frauen, so seien Beratungen und Krankenhausgeburten deutlich zurückgegangen. Haitis Gesundheitssystem sei auf die Folgen der Pandemie nicht vorbereitet.
Unterdessen wächst auch in der Dominikanischen Republik die Armut. In einem gemeinsamen ökumenischen Aufruf forderten die Kirchen des Landes die Politik und die Wirtschaft in dieser Woche auf, Hunger und Armut intensiver zu bekämpfen. Jeder zehnte Dominikaner habe inzwischen keinen Zugang mehr zu ausreichend Grundnahrungsmitteln.