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El Salvador: Die riskante Bitcoin-Anleihe von Nayib Bukele

Eine Bitcoin-Anleihe soll den Kryptro-Traum von Präsident Nayib Bukele wahr werden lassen: El Salvador soll so zum Zentrum für Digitalwährungen weltweit werden. Doch das Vorhaben hat viele Haken.

Nayib Bukele im Jahr 2015. Damals war der heutige Präsident von El Salvador noch Bürgermeister der Hauptstadt San Salvador. Foto: Nayib Bukele, Presidencia El Salvador, CC0 1.0

Nayib Bukele im Jahr 2015. Damals war der heutige Präsident von El Salvador noch Bürgermeister der Hauptstadt San Salvador. Foto: Nayib Bukele, Presidencia El SalvadorCC0 1.0

Noch am Wochenende twitterte Nayib Bukele: "El Salvador hat gerade ein Schnäppchen gemacht. 150 neue Coins zum Preis von je 48.670." Es ist nicht das erste Mal, dass der Präsident El Salvadors auf Twitter damit prahlt, wie sich das kleine und arme Land El Salvador an den Kryptobörsen so schlägt. Immer wieder nutzt er Kurseinbrüche des Bitcoins für seine "Schnäppchen".

Während andere Länder Staatsanleihen herausgeben, kauft El Salvador Bitcoins und der Präsident gibt sich als gerissener Investor. Vor allem in der wachsenden Kryptogemeinde wird Bukele dafür gefeiert, von anderer Seite hagelt es Kritik. So zum Beispiel vom Ökonom und Börsenhändler Peter Schiff. Der reagierte auf den Tweet von Bukele und schrieb darunter: "Es wird noch eine Menge Schnäppchen geben - wie viel Steuergeld willst du noch verschwenden?" Schiff spricht den wunden Punkt in Bukeles Bitcoin-Strategie an: Denn der Plan des Präsidenten geht nur auf, wenn der Kurs der Kryptowährung weiter steigt.

Vom Entwicklungsland zum Kryptozentrum?

Aber einen Schritt zurück. Das kleine mittelamerikanische Land El Salvador nutzt seit 2001 den Dollar als offizielles Zahlungsmittel. Seit September 2021 haben die rund 6,5 Millionen Menschen im Land noch eine weitere offizielle Währung: den Bitcoin. Als erstes Land der Welt hat der junge, aufstrebende und umstrittene Präsident Nayib Bukele die Kryptowährung anerkannt. Seitdem müssen alle, die es technisch leisten können, Bitcoins akzeptieren. Tausende Menschen gingen daraufhin in der Hauptstadt San Salvador auf die Straße. Einige Demonstranten steckten einen brandneuen Bitcoin-Automat in Brand, von denen es im ganzen Land ungefähr 200 geben soll.

Das war im Oktober. Seitdem ist der Präsident mit seinen Plänen weiter vorgeprescht. Mitte November war El Salvador Gastgeber einer Bitcoin-Konferenz. Dort verkündete Bukele seinen Traum von einer neuen Stadt. Die Bitcoin-City soll an der Grenze zu Honduras und Nicaragua entstehen - rund um einen Vulkan gebaut. "Das war eine Riesenparty am Strand, wo er die Ankündigung gemacht hat. Er ist da wie ein Rockstar aufgetreten", berichtet Aaron Koenig im DW-Wirtschaftspodcast. Der Autor, Unternehmer und Kryptofan war selbst vor Ort.

Finanzieren will Bukele seine Pläne mit einer Bitcoin-Anleihe. Diese soll ab 2022 auf den Markt kommen und anfangs ein Volumen von einer Milliarde Dollar haben. Die Bitcoin-Anleihe sei derzeit eines der attraktivsten Projekte im Kryptobereich, sagt Koenig. "Es gibt im Moment viele Bitcoiner, die mittlerweile Geld haben und bereit sind zu investieren."

Eine Anleihe mit vielen Fragezeichen

Wie die Anleihe genau funktioniert, darüber herrscht derzeit noch Ungewissheit. So viel steht fest: Die Milliarde soll zur Hälfte in Bitcoins investiert werden - die andere Hälfte soll zur Errichtung der Bitcoin-City beitragen. Einige weitere Hinweise gab es aber bereits von Samson Mow, dem Chefstrategen von Blockstream, in einem Interview mit dem Finanzdienst Bloomberg. Blockstream entwickelte für El Salvador das Projekt gemeinsam mit der umstrittenen Bitcoinbörse Bitfinex, hinter der die Firma Tether steckt.

Laut Mow bekommen Investoren 6,5 Prozent jährlich. Die Bitcoins werden für fünf Jahre gehalten und danach langsam verkauft. Von den Gewinnen bekommen die Investoren wieder etwas ab. "Das ist dann die Bitcoin-Dividende", so Mow. Der Jungunternehmer ist sich sicher, dass das Interesse größer sein wird als das Angebot.

Das muss es wohl auch, denn laut Präsident Nayib Bukele wird eine Milliarde für Bitcoin-City nicht ausreichen. Er rechnet eher mit circa 300.000 Bitcoins - was einem derzeitigen Wert von 17 Milliarden Dollar entspricht. Für das kleine Land, in dem das Durchschnittseinkommen bei umgerechnet rund 3.000 Euro im Jahr liegt, sind das gigantische Beträge. Dabei wird es auch nicht helfen, dass in der neu errichteten Bitcoin City die Hälfte einer zehnprozentigen Mehrwertsteuer für das Projekt genutzt werden soll.

Droht die Zahlungsunfähigkeit?

Für den Ökonomen Christian Ambrosius sind die Pläne hochgradig riskant. "Ich vermute, dass das ein kreativer Weg ist, eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden", so Ambrosius im Gespräch mit der DW. Es sei auffällig, dass der Anleihen-Betrag von einer Milliarde genau der Summe entspreche, die El Salvador beim Internationalen Währungsfonds (IWF) beantragt habe.

Schon im Juni hatte der IWF angekündigt, die Freigabe dieses Betrages zu prüfen, falls der Bitcoin tatsächlich legales Zahlungsmittel werden sollte. Im November kam eine Analyse des IWF abermals zu dem Schluss, dass die hohen Preisschwankungen des Bitcoins ein "signifikantes Risiko für die finanzielle Stabilität" des Landes darstellen. Die Pläne der Bitcoin-Anleihe wurden in der der Analyse noch nicht berücksichtigt. "Mit Sicherheit werden sich andere Kreditgeber ganz genau anschauen, was die Risiken dieser Anleihe sind.", sagt Ambrosius von der Freien Universität Berlin.

Eine riskante Allianz

Die Haltung von Weltbank und IWF spielten aber kaum eine Rolle für die Investoren der Bitcoin-Anleihe, glaubt der Projekt-Beteiligte Samson Mow. Bei seinem Interview mit Bloomberg ließ er dabei auch durchblicken, wie sich Bitcoin-Fans die Zukunft vorstellen. "In einer Welt, die auf Bitcoin basiert, sind sie nicht relevant", so Mow mit einem verschmitzten Lächeln. "Sie sind nur relevant, weil sie Geld drucken können. Das geht im Bitcoin-Standard nicht."

Der Ökonom Ambrosius sieht hingegen die Allianz zwischen dem Bitcoin und einem "zunehmend autoritären Regime" als problematisch an. Bukele sei zwar demokratisch gewählt, er setze aber demokratische Mechanismen außer Kraft. Darüber hat auch die DW immer wieder berichtet.

Das Verhalten Bukeles stehe im Widerspruch zur eigentlichen libertären Idee des Bitcoins, wonach sich die Digitalwährung vor allem unabhängig von Zentralbanken und politischer Einflussnahme versteht. Diesen Widerspruch sieht auch Krypto-Enthusiast Aaron Koenig. Er glaubt aber, dass die Vorteile des Bitcoins am Ende auch die Bevölkerung überzeugen können.

Eine Hoffnung, die viele Bitcoin-Fans mit dem Beispiel El Salvador wohl auch verknüpfen, ist die zunehmende Akzeptanz der Kryptowährung. Denn das treibt auch den Kurs. Der hat die "Bitcoiner" bisher nicht im Stich gelassen. Seit der Einführung im Jahr 2009 ist der Kurs immer weiter gestiegen. Dennoch kann niemand sagen, ob Bukeles Strategie tatsächlich aufgeht. Bei seiner letzten "Schnäppchen"-Tour vor ungefähr zehn Tagen haben die Schwankungen des Bitcoins - bei jetzigem Verkauf - den Steuerzahler in El Salvador schon knapp eine Million Euro gekostet.

Quelle: Deutsche Welle, Nicolas Martin

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