Chile: Verfassungskonvent beschließt "sozialen und demokratischen Rechtsstaat"
Die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der verfassungsgebenden Versammlung in Chile haben zu Wochenbeginn den ersten Artikel des Entwurfs der neuen Verfassung gebilligt. Das südamerikanische Land werde künftig ein"sozialer und demokratischer Rechtsstaat" sein, berichtet die chilenische Tageszeitung "Diario Concepción" über die Ausarbeitung der neuen Magna Charta. Der erste Artikel der neuen Verfassung erhielt die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit, die für die Annahme der künftigen Verfassungsartikel nötig ist.
Im ersten Absatz von Artikel 1 einigte sich der Verfassungkonvent darauf, dass die 19-Millionen-Einwohnernation "plurinational, interkulturell und ökologisch" verfasst sei. Der Text ist auf der Webseite der Versammlung abrufbar. Absatz 2 definiert das Land als demokratische und "solidarische Republik" und anerkennt die "Würde, Freiheit, materielle Gleichheit der Menschen und ihre unauflösliche Beziehung zur Natur als innere und unveräußerliche Werte". Absatz 3 legt die Rolle des Staats fest: Die "individuellen und kollektiven Menschenrechte sind die Grundlage des Staates und leiten seine gesamte Tätigkeit".
Es ist die Pflicht des Staates, "die notwendigen Bedingungen zu schaffen und die Güter und Dienstleistungen bereitzustellen, um den gleichen Genuss von Rechten und die Integration der Menschen in das politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben zu gewährleisten, damit sich dieses voll entfalten kann." Mit der Ausarbeitung einer neuen Verfassung will Chile das Erbe der Pinochet-Militärdiktatur und damit das neoliberale Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell hinter sich lassen. Bis heute gilt die Verfassung aus der Zeit der Militärdiktatur von 1980.
Monatelange Massenproteste ab Oktober 2019 mündeten in ein Referendum über die Ausarbeitung einer neuen Verfassung, das im Oktober 2020 die Zustimmung der Bevölkerung fand. Bei der Wahl des Verfassungskonvents im Mai 2021 gewannen linke und parteiunabhängige Wahlleute die Mehrheit der insgesamt 154 Sitze. (bb)