Chile: Laut Umfrage ist eine Mehrheit gegen die neue Verfassung
Chile wird am 4. September per Plebiszit über die neue Verfassung abstimmen. Eine neue Umfrage ergab jetzt eine Ablehnung von 51 Prozent und eine Zustimmung von lediglich 33 Prozent. Dem Umfrageinstitut Cadem zufolge rechnen außerdem 47 Prozent damit, dass die Verfassung abgelehnt wird. Nur 44 Prozent sind davon überzeugt, dass die Mehrheit zustimmen wird. Ausgelöst hatten den Verfassungsprozess schwere soziale Unruhen im Oktober 2019. Der Entwurf einer neuen Verfassung umfasst 387 Artikel.
33 Prozent der Umfrageteilnehmer wünschten sich eine Ablehnung der Verfassung, um einen neuen Prozess starten zu können. 29 Prozent hofften auf die Annahme der Verfassung, aber mit der klaren Option für eine Überarbeitung. Eine andere Umfrage, Pulso Ciudadano (Bürgerpuls), ergab ebenfalls ein klares Bild. Hier betrug die Ablehnung 44,4 Prozent, die Zustimmung 25 Prozent.
Präsident Gabriel Boric ist ein vehementer Befürworter der neuen Verfassung, mit der er das neoliberale Kapitel in der Geschichte Chile zu beenden hofft. Laut Pulso Ciudadano erhält der Präsident in der Bevölkerung jedoch aktuell nur noch eine Zustimmung von nur 24,3 Prozent. Seine Popularität ist seit dem Amtsantritt am 11. März 2022 rückläufig. 54,6 Prozent der Umfrageteilnehmer sind mit Boric unzufrieden.
Chiles Ex-Präsidenten brüskiert
Während zahlreiche Bürger sich mit dem Verfassungsentwurf nicht anfreunden können, warf der Umgang mit den noch lebenden Präsidenten nach Ende der Pinochet-Diktatur Fragen auf: Eduardo Frei, Ricardo Lagos, Michelle Bachelet und Sebastián Piñera waren vom Verfassungskonvent nicht zur feierlichen Übergabe des Schlusstextes eingeladen worden. Kritiker werfen den ehemaligen Präsidenten vor, während ihrer Amtszeit in Chile nicht für mehr soziale Gerechtigkeit gesorgt zu haben.
Als schließlich doch noch eine Einladung ausgesprochen wurde, lehnten die Eingeladenen dankend ab. Ex-Präsident Sebastián Piñera erklärte, wenn es um die Verfassung gehe, sei Einheit geboten, bei allen unterschiedlichen Ansichten darüber, wie die Zukunft Chiles aussehen solle. Ex-Präsidentin Michelle Bachelet sagte, die große Mehrheit der Chilenen wolle sich nicht weiter spalten lassen und wünsche sich, dass die neue Verfassung ein Haus für alle sei.