Brasilien: Senat setzt Corona-Untersuchungsausschuss gegen Bolsonaro ein
Ein Untersuchungsausschuss prüft jetzt, inwiefern Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro für das katastrophale Pandemie-Management in seinem Land verantwortlich gemacht werden kann. Der Abschlussbericht könnte in ein Amtsenthebungsverfahren münden.

Parlamentsgebäude in Brasiliens Hauptstadt Brasilia. Foto: Adveniat/Jürgen Escher
In Brasilien prüft ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss die Verantwortung von Präsident Jair Bolsonaro in der Corona-Krise. Am Dienstag, 27. April 2021 sei die Kommission im Senat erstmals zusammengetreten, berichtet die brasilianische Tageszeitung "Globo". Die Teilnahme an den Sitzungen ist virtuell oder persönlich möglich. Ziel des Ausschusses ist die Aufarbeitung des Managements der Pandemie, der in dem größten Staat Südamerikas bisher über 400.000 Menschenleben zum Opfer gefallen sind. Damit hat Brasilien derzeit die zweithöchste Corona-Todesrate der Welt.
Dem rechtsradikalen Regierungschef wird vorgeworfen, er habe die Gefährlichkeit des neuartigen Virus' bestritten, den Kauf von Corona-Impfstoffen ausgeschlagen und sogar behindert. Auch soll der parteilose Ex-Militär Bundesmittel, die für die Pandemiebekämpfung im Haushalt eingestellt waren, für andere Zwecke veruntreut zu haben. Zudem werde die Rolle von Bolsonaro und seiner Minister beim Kollaps des Gesundheitssystems in der Amazonasstadt Manaus untersucht. Laut einer Studie von fünf Universitäten hätten bei einer schnelleren Impfkampagne bis Ende 2021 mindestens 110.000 Menschenleben gerettet werden können, so die Tageszeitung "El Pais".
Ein Richter hinderte zu Wochenbeginn Senator Renan Calheiros daran, den Berichterstatterposten der Kommission zu übernehmen, gegen ihn laufe ein Strafverfahren. Zeitgleich erhob die Generalstaatsanwaltschaft Klage gegen den Gouverneur von Amazonas, Wilson Lima. Der Bolsonaro-Kritiker soll an einem Korruptionsskandal beim Kauf von Atemschutzmasken beteiligt gewesen sein. Politische Beobachter erwarten in den kommenden Wochen einen medialen Schlagabtausch. Die Mehrheit der elf Mitglieder im Gremium gilt als neutral oder oppositionell. Der Abschlussbericht könnte zu einem Amtsenthebungsverfahren führen. Bei den Präsidentschaftswahlen 2022 will Bolsonaro erneut antreten. (bb)