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Uruguay: Klimachampion am Südzipfel Südamerikas

Uruguay hat es geschafft hat, fast seine gesamte Energie aus erneuerbaren Quellen zu generieren. Die Kehrseite davon sind die vorübergehend hohen Stromkosten. 

Solarenergie im Kleinen. (Symbolfoto: tereza Baksa, Flickr, Public Domain Mark 1.0)

Solarenergie im Kleinen. (Symbolfoto: tereza Baksa, Flickr, Public Domain Mark 1.0)

Wer in diesen Zeiten der globalen Energiekrisen nach Beispielen für zukunftsweisende Lösungen sucht, der stößt irgendwann auf ein kleines Land fast am Ende der Welt. Blickt man also in das südamerikanische Uruguay, kann man viel darüber lernen, wie Energieengpässe zu bewältigen sind, ohne auf fossile Brennstoffe und Importe zurückgreifen zu müssen. Uruguay hat in wenigen Jahren fast vollständige Energieautarkie erreicht. Dabei wird annähernd der komplette Bedarf aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Uruguay ist mit seinen Hochebenen und Hunderten von Kilometern Meeres- und Flussküste ein idealer Standort für die Erzeugung von Solar-, Wind- und Wasserkraft. 

Politischer Konsens für Energiewende

Neben den Vorteilen der Natur und der Geographie gibt es aber vor allem einen politischen Konsens, von dem sich in Europa fast alle Länder, besonders Deutschland, etwas abschauen können. Uruguay hat es geschafft, eine langfristige strategische Energievision zu entwickeln, die von allen politischen Akteuren gestützt wird und vor allem auf die Nutzung und den Ausbau der eigenen Ressourcen setzt. So hast sich das kleine Uruguay in den vergangenen zehn Jahren als eines der Vorzeigeländer beim Umbau zur green economy profiliert. In Lateinamerika sowieso, aber auch im globalen Vergleich. Heute exportiert Uruguay sogar Elektrizität in die beiden großen Nachbarländer Argentinien und Brasilien. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es in Uruguay mehr Rinder als Menschen gibt. In dem Land südlich des Rio de la Plata leben nur 3,5 Millionen Einwohner.
 
Nach Angaben des uruguayischen Ministeriums für Industrie, Energie und Bergbau (MIEM) stammten im vergangenen Jahr 94 Prozent des verbrauchten Stroms aus nachhaltigen Quellen, wobei die Windenergie mit 40 Prozent an der Spitze lag, gefolgt von Wasserkraft (30 Prozent), Biomasse (20 Prozent) und Solarenergie (vier Prozent). Nur sechs Prozent des Strommixes kamen laut dem Ministerium aus fossilen Brennstoffen. Der Klimachampion am Südzipfel Südamerikas gehört im globalen Vergleich relativ auf die Einwohnerzahl gerechnet mittlerweile zu den größten Produzenten von Windenergie. Dabei war das Land noch bis 2007 ein Importeur von fossiler Energie. 

25-Jahres-Plan für Energieunabhängigkeit

Nach einem Jahrzehnt der Dürre zwischen 1997 und 2007 war der Anteil der Wasserkraft am Energiemix von 90 auf 50 Prozent gesunken, und das Land war gezwungen, Energie im Ausland einzukaufen. Die Regierung in Montevideo gab mehr als 2,8 Milliarden US-Dollar pro Jahr für die Einfuhr fossiler Brennstoffe aus. 2008 suchte die damalige Linksregierung der Frente Amplio nach einer Möglichkeit, von Einfuhren und vor allem Ölkäufen unabhängig zu werden, und verabschiedete einen 25-Jahres-Plan, der sich auf Wind, Sonne und Biomasse konzentrierte. Mit Hilfe der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) und dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) schuf Uruguay ein günstiges Umfeld für Auslandsinvestitionen: transparente Ausschreibungen mit Sicherheit und Anreizen für Investoren. Beides eher eine Seltenheit in Lateinamerika. Zwischen 2010 und 2015 haben der Staat und vor allem private internationale Investoren mehr als sieben Milliarden US-Dollar in erneuerbare Energien investiert. 
 
Auch nach dem Machtwechsel zu einer konservativen Regierung im Jahre 2020 hielt der neue Präsident Luis Alberto Lacalle Pou an dem 25-Jahre-Energieplan fest. Das sei eines der Geheimnisse des Erfolgs Uruguays, sagt Ramón Méndez, Energieminister zwischen 2008 und 2015. Links und rechts zögen bei diesem Thema an einem Strang. „Die volle Unterstützung aller politischen Kräfte, die Schaffung eines investorenfreundlichen Umfelds und eine flexible Politik der jeweiligen Regierungen öffneten die Tür für einen Wandel in der Energiemischung innerhalb nur weniger Jahre“.

Investitionen in Energieinfrastruktur

Uruguay investiert weiterhin jährlich rund drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Energieinfrastruktur. In dem vom Energiethinktank REN 21 erstellten „Renewables Global Status Report" rangiert das kleine südamerikanische Land weltweit an fünfter Stelle, was die Investitionen in Erneuerbare im Verhältnis zum BIP betrifft. Ende 2019 stufte die Internationale Energieagentur (IEA) den Staat in Bezug auf die Energieerzeugung als führend in Lateinamerika ein. Nur drei Länder weltweit seien stärker bei der Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie. Dabei trugen noch im Jahr 2005 weder Wind- noch Solarenergie zur Elektrizitätsproduktion Uruguays bei.
 
Diese schönen modernen Energiezeiten haben allerdings eine Kehrseite. Die Kosten für den grünen Strom sind sehr hoch. Das liegt vor allem an dem vielen ausländischen Geld in den Investitionen. Diese Kosten werden auf den Kunden umgelegt. In der Folge sind die Energiekosten in Uruguay im regionalen Vergleich höher als anderswo. Im August 2021 zahlten die Kunden laut dem Energieversorger SEG Ingeniería 242 Dollar pro Megawattstunde, während es in Chile 179 Dollar, in Brasilien 165 Dollar, in Argentinien 66 Dollar und in Paraguay 59 Dollar waren.

E-Mobilität im öffentlichen Nahverkehr

Aber dennoch geht die grüne Revolution in Uruguay unaufhaltsam weiter, auch damit die Kosten irgendwann fallen. Bis 2030 soll die Abhängigkeit von der Wasserkraft weiter verringert werden, indem der Anteil nicht-konventioneller erneuerbarer Energien wie Wind, Sonne und Biomasse erhöht wird. Zudem steht die „zweite Energiewende“ an. Und das bedeutet, auch den kompletten öffentlichen Nah- und Fernverkehr auf elektrisch umzurüsten. Folgen soll auch die komplette Industrie des kleinen Landes. 

Autor: Klaus Ehringfeld, Mexiko

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