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Russlands Militärpräsenz in Nicaragua

Nicaragua gehört in Lateinamerika zu den engsten Verbündeten Russlands. Mit einem Dekret autorisiert Diktator Daniel Ortega jetzt die höhere Präsenz russischer Truppen im Land. Washington reagiert prompt.

Russisches Kriegsschiff. Foto (Symbolbild): RFN Moskva, BuquesdeGuerra.com, CC BY 4.0​​​​​​​, Zuschnitt

Russisches Kriegsschiff. Foto (Symbolbild): RFN MoskvaBuquesdeGuerra.comCC BY 4.0, Zuschnitt

"Wenn US-Raketensysteme Moskau vom ukrainischen Territorium aus fast erreichen können, ist es für Russland an der Zeit, etwas Mächtigeres in der Nähe von US-Städten zu stationieren." Geradezu triumphierend klangen die Worte der Moderatorin des russischen Staatsfernsehens, Olga Skabejewa, als sie am vergangenen Donnerstag verkündete: Russische Truppen, Schiffe und Flugzeuge sollen in der zweiten Hälfte des Jahres in Nicaragua stationiert werden, um "natürlich", so die Moderatorin, humanitäre Aufgaben zu erfüllen.

Die Nachricht schreckt auch das südliche Nachbarland Costa Rica auf, das schon seit 1948 über keine eigenen Streitkräfte verfügt. "Natürlich ist Costa Rica als friedliches Land, das die historische Entscheidung getroffen hat, kein Militär zu haben, besorgt darüber, wenn ein Nachbar auf der anderen Seite der Grenze mit dem Aufbau von Streitkräften beginnt", erklärte Präsident Rodrigo Chaves als er nach einer offiziellen Veranstaltung zum Thema befragt wurde.

Eklatante Menschenrechtsverletzungen

Auch in den USA verfehlte die Meldung nicht ihre Wirkung. In einem Gespräch gegenüber DW-TV am vergangenen Donnerstag verurteilte Brian Nichols, der im US-Außenministerium für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre zuständig ist, Nicaraguas Entscheidung scharf: "Nicaragua hat russische Streitkräfte zu Manövern eingeladen, während Russland in ein Nachbarland einmarschiert und in der Ukraine Menschenrechtsverletzungen begeht. Wir halten dies für eine Provokation seitens des nicaraguanischen Regimes." Nichols deutete auch eine mögliche Reaktion seitens Washingtons an.

"Wir haben die Freilassung der politischen Gefangenen und die Achtung der demokratischen Normen sowie die Unterlassung von Provokationen gegenüber den Nachbarn gefordert. Doch dies blieb ungehört. Es liegt auf der Hand, dass wir die uns zur Verfügung stehenden Hebel und Instrumente nutzen müssen, um unsere Ablehnung zum Ausdruck zu bringen", sagte Nichols im Rahmen des Amerika-Gipfels in Los Angeles vergangene Woche gegenüber DW-TV.

Am Montag hatte das US-Außenministerium in einer Presseerklärung erneut die sofortige Freilassung von über 180 politischen Gefangenen in Nicaragua gefordert und zudem neue Visabeschränkungen für 93 regierungsnahe Personen im Land verkündet. Sie werden beschuldigt "die Demokratie in Nicaragua zu untergraben."

Nach blutigem Niederschlagen von Massenprotesten 2018 und einer manipulierten Präsidentenwahl im November 2021 herrschen Daniel Ortega und seine Ehefrau und Vizepräsidentin Rosario Murillo mit eiserner Hand in dem kleinen zentralamerikanischen Land. Im vergangenen Jahr wurden Dutzende Oppositionsführer verhaftet, darunter die meisten von Ortegas damaligen Herausforderern. Ortegas Regierung hat Hunderte von Nichtregierungsorganisationen mit der Begründung verboten, sie handelten im Auftrag ausländischer Staaten und deren Interessen. Zehntausende Nicaraguaner haben das Land aufgrund staatlicher Repression und Perspektivlosigkeit in den letzten Jahren verlassen.

Reale Gefahr?

US-Analysten wie Stephen Blank vom Foreign Policy Research Institute, ein amerikanischer Think Tank mit Sitz in Philadelphia, befürchten, dass Russland gerade wegen des Krieges in der Ukraine versucht sein könnte, seine Präsenz in Nicaragua militärisch auszubauen. Aus der vorübergehenden Erlaubnis, russische Kriegsschiffe in nicaraguanischen Häfen ankern zu lassen, könne auch leicht eine dauerhafte Marinebasis entstehen. Dies sei genau so auch in Syrien, Sudan und in Myanmar geschehen, schreibt Blank in einem Artikel für die Webseite "The Hill" und verweist dabei auf einen Bericht der DW. Die US-Regierung müsse unbedingt reagieren, so das Fazit des Osteuropaexperten Stephen Blank.

Auch Carolina Jiménez, Präsidentin des Washingtoner Büros für Lateinamerika (WOLA), einer Nichtregierungsorganisation mit Schwerpunkt Menschenrechte, sieht im Gespräch mit DW Handlungsbedarf: "Das Dekret von Ortega ist eine unnötige Provokation. Es handelt sich zwar um eine eigentlich harmlose, periodisch im Jahresrhythmus erneuerte Erlaubnis, die jetzt aber in einem neuen Kontext erscheint. Nämlich der nicht legitimierten Machtposition Ortegas und des Krieges in der Ukraine", so Carolina Jiménez.

Die Sorgen Costa Ricas und anderer Nachbarländer seien absolut berechtigt, so Jiménez. Ihrer Ansicht nach sollten diese Länder in solchen Situationen aber nicht immer nach Washington schauen, sondern auch mal selbst aktiv werden. Dabei schließt sie Mexiko ausdrücklich mit ein, dessen Präsident Lopez Obrador sich erst kürzlich für eine Teilnahme von Nicaragua, Venezuela und Kuba am Amerika-Gipfel in den USA stark gemacht hatte: "Lateinamerika muss seine eigenen diplomatischen Kanäle aktivieren. Wir sollten nicht vergessen, dass die politische Krise in Nicaragua sich auch auf Mexiko auswirkt, das immer mehr nicaraguanische Asylbewerber aufnimmt, die ein Land verlassen, das von Menschenrechtsverletzungen erschüttert wird", so die Präsidentin des WOLA.

Quelle: Deutsche Welle, Autor: Gabriel González Zorrilla

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