Nicaragua: Ortega-Regierung verbietet 83 Nichtregierungsorganisationen

Ein Mann schwenkt vor der Kathedrale in Nicaraguas Hauptstadt Managua die Nationalflagge zum Gedenken an die Opfer, die bei den Protesten gegen das Ortega-Regime im April 2018 getötet wurden. Foto: _N3A3422, Jorge Mejía peralta, CC BY 4.0
Der Angriff der autoritären Regierung von Präsident Daniel Ortega auf Organisationen der Zivilgesellschaft geht unvermindert weiter. Mit einer absoluten Mehrheit der Regierungspartei Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN) verabschiedete das Parlament am Dienstag, den 31. Mai 2022 ein Dekret, das die sofortige Schließung von 83 Nichtregierungsorganisationen (NGO) anordnet, darunter die fast hundertjährige Nicaraguanische Sprachakademie, berichtet das Nachrichtenportal "IP Nicaragua“. Bereits am Donnerstag, 28. Mai, hatte das Parlament bei 14 Enthaltungen die Auflösung von 96 NGOs beschlossen, so die Nachrichtenagentur AP.
Die Nicaraguanische Sprachakademie mit Sitz in Managua wurde am 8. August 1928, vor fast 94 Jahren gegründet. Sie ist Mitglied der "Asociación de Academias de la Lengua Española" mit Sitz in Madrid, welche die 22 bestehenden nationalen Akademien der spanischen Sprache unter Führung der "Real Academia Española" vereint. Ebenfalls verboten wurde die Stiftung "Fundación Enrique Bolaños" (FEB), benannt nach Enrique Bolaños Geyer, Vorgänger des amtierenden Staatschefs Ortega. Die FEB betreibt die größte Online-Bibliothek des Landes. Verboten wurde auch der Herausgeberverein der Monatszeitschrift "La Voz Católica" der katholischen Kirche und mehrere Frauenrechtsorganisationen, berichtet das nicaraguanische Nachrichtenportal "Radio Corporación".
Wie bei vorangegangenen Verboten wurde auch das jüngste Dekret vom FSLN-Abgeordneten Filiberto Rodríguez eingebracht. Der Präsident der Kommission für Frieden, Verteidigung, Regierung und Menschenrechte begründete die Maßnahme mit dem Gesetz über ausländische Agenten. Die verbotenen Organisationen hätten keine Finanzberichte vorgelegt, Auslandsspenden unter Angabe von Personendaten nicht gemeldet und neue Vorstände nicht registriert. Zusammen mit den in dieser Woche verbotenen Organisationen hat die Ortega-Regierung in 2022 bereits 127 Vereinigungen der Zivilgesellschaft geschlossen. Seit Beginn der Anti-Regierungsproteste im Dezember 2018 wurden insgesamt 339 Organisationen zwangsaufgelöst, so Menschenrechtsgruppen. (bb)