Perus Kirche als Instanz des Vertrauens
Auch wenn die innenpolitische Krise in der Andennation aus dem Blickfeld geraten ist, so ist sie noch lange nicht gelöst. Perus Kirche könnte noch eine entscheidende Rolle spielen.
Der Wirtschafts- und Finanzminister gab sich in dieser Woche zuversichtlich: "Peru ist zurück", sagte Alex Contreras und spielte damit auf die sich ganz langsam erholende Tourismusbranche an. Die hatte in den letzten Monaten wohl am härtesten unter den Auswirkungen der innenpolitischen Unruhen gelitten. Perus touristisches Symbol, die Inka-Stadt Machu Picchu, war zeitweise nicht erreichbar. Für die lokalen Unternehmen vor Ort bedeutete das einen totalen Einnahmeausfall in einer Region, die fast durchweg vom Tourismus lebt.
Ganz langsam auch normalisiert sich das übrige Leben wieder, doch die strukturellen Probleme bleiben. Nach der Abwahl des peruanischen Präsidenten Pedro Castillo, dessen Festnahme wegen eines Putschversuchs und Ermittlungen wegen Korruption, kam es zu wochenlangen Demonstrationen aus seinem linken politischen Lager. Gegen die teilweise gewalttätigen Proteste ging die Polizei brutal vor, wie Amnesty International berichtet.
Gewalt zugelassen
Bei 48 Todesfällen durch staatliche Repression, elf Toten bei Straßenblockaden, einem getöteten Polizisten sowie Hunderten von Verletzten innerhalb dieser Zeit staatlicher Gewalt sei davon auszugehen, dass die Behörden den exzessiven und tödlichen Einsatz von Gewalt zugelassen hätten, sagte Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin bei Amnesty International. "Dies ist seit mehr als zwei Monaten die einzige Reaktion der Regierung auf den Aufschrei Tausender, die ihre Würde und ein politisches System fordern, das ihre Menschenrechte gewährleistet."
Ähnlich wie Amnesty äußerte sich auch die katholische Kirche in Peru. "Die Peruaner müssen mit ihren gerechten sozialen Forderungen gehört werden", hieß es jüngst in einem Schreiben der Peruanischen Bischofskonferenz. Die Kirche ist dabei um eine Position bemüht, die allen Aspekten der Krise gerecht wird. "Die Menschen bräuchten aber auch einen Frieden, der es ihnen ermögliche, weiter zu arbeiten und zu überleben. Der Kongress dürfe den Menschen nicht den Rücken zukehren, sondern müsse den Aufschrei des gesamten peruanischen Volkes hören."
Im Fokus der Kritik steht vor allem der Kongress, weil er sich weigert, Neuwahlen auszurufen, die einen sauberen politischen Neuanfang ermöglichen würden. Viele Abgeordnete sind erstmals im Parlament und beziehen ein hohes Salär, das zu riskieren, fällt vielen offenbar zu schwer.
Vermittlungsangebot
Genau wie die Kirche die Abwahl des umstrittenen Präsidenten begrüßte, zeigt sie nun auch Verständnis für die Wut insbesondere bei den Armen. Denen hatte Castillo vieles versprochen, davon aber nur wenig gehalten. Trotzdem sieht die arme Landbevölkerung in der Absetzung des Präsidenten vor allem einen Versuch, "einen der ihren" von den Schalthebeln der Macht zu entfernen. Schuld daran seien "alte Eliten".
Die Proteste seien legitim, sagt deshalb der Erzbischof von Huancayo, Kardinal Pedro Barreto. Insbesondere die Proteste jener großen Mehrheit, die in Ausgrenzung und teilweise unter großen Schmerzen in extremer Armut lebe: "Über dieses Protestrecht braucht man nicht zu diskutieren", sagte Barreto. Die Bevölkerung wolle allerdings auch Frieden, Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit und keine Konfrontation.
Wie es nun weitergeht, ist offen. Ein Vermittlungsangebot der Kirche steht im Raum, dazu müssten aber alle Seiten bereit sein, aufeinanderzuzugehen. Dass es nun ruhiger wird in Peru könnte ein Schritt in diese Richtung sein. Doch vergessen sind die über 50 Toten vor allem in den Unruheprovinzen noch lange nicht. Erst einmal gilt es wieder, Vertrauen zu fassen. Vor allem dem wegen seines Einsatzes für die Armen populären Kardinal Barreto dürfte dann eine Schlüsselrolle zukommen.