Nicaragua führt "Fake-Wahl" durch
An einer Wiederwahl von Staatschef Daniel Ortega gibt es keine ernsthaften Zweifel, die Opposition in dem zentralamerikanischen Land war chancenlos. Die USA und die EU finden deutliche Worte.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen haben in Nicaragua Präsidenten- und Parlamentswahlen stattgefunden. Ein Sieg des linksnationalen Amtsinhabers Daniel Ortega bei der Wahl des Staatschefs gilt als sicher, nachdem er in den vergangenen Monaten etliche Oppositionspolitiker, Journalisten und Aktivisten einsperren ließ. Gegen den 75-Jährigen traten am Sonntag fünf weitgehend unbekannte Kandidaten an.
Eine aussichtsreiche Herausforderin hätte die Journalistin Cristiana Chamorro (67) werden können. Doch die Tochter der früheren Präsidentin Violeta Barrios de Chamorro wurde von der Wahl ausgeschlossen, sie steht seit Anfang Juni unter Hausarrest.
"Vaterlandsverrat"
Cristiana Chamorro und sechs andere Bewerber waren auf Grundlage eines im Dezember vom Parlament verabschiedeten Gesetzes festgenommen worden, das den Ausschluss Oppositioneller von Wahlen erleichtert. Den Politikern werden unter anderem Geldwäsche und "Vaterlandsverrat" vorgeworfen. Das Parlament wird - wie die Justiz und die Wahlbehörden - von Ortegas Verbündeten kontrolliert.
Rund zwei Drittel aller Befragten hatten kürzlich dem Meinungsforschungsinstitut Cid-Gallup gesagt, sie hätten für einen der inhaftierten Oppositionskandidaten gestimmt, wären diese zur Wahl zugelassen worden. Interessant wird nun vor allem die Wahlbeteiligung sein, um die tatsächliche Unterstützung für Ortega erahnen zu können. Eine Wahlpflicht gibt es in dem mittelamerikanischen Land mit seinen rund 6,5 Millionen Einwohnern nicht.
Eine "Scheinwahl"
"Was Ortega und seine Frau, Vizepräsidentin Rosario Murillo, inszeniert haben, war eine Scheinwahl, die weder frei noch fair und schon gar nicht demokratisch war", erklärte US-Präsident Joe Biden. "Wir fordern das Ortega-Murillo-Regime auf, unverzüglich Maßnahmen zur Wiederherstellung der Demokratie in Nicaragua zu ergreifen und die Personen, die zu Unrecht inhaftiert wurden, unverzüglich und bedingungslos freizulassen."
Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nannte die Wahl einen "Fake", der einzig dazu diene, Ortega an der Macht zu halten. Die Europäische Union werde das Wahlergebnis nicht anerkennen.
Ortega war bereits nach der Revolution 1979 bis zu seiner Abwahl 1990 an der Macht. Ende 2006 wurde er erneut gewählt. Seine Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN) setzte 2014 eine Verfassungsreform durch, die eine Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten abschaffte. Ortega ist laut Medienberichten schwer krank, als eigentliche Strippenzieherin gilt seine Ehefrau.