Neu eingesetzte Verfassungsgebende Versammlung wählt Mapuche zur Präsidentin

Elisa Loncón nach ihrer Wahl zur Präsidentin der Verfassungsgebenden Versammlung am 4.7.2021. Foto: Mediabanco Agencia, CC BY 2.0
In Chile ist die indigene Sprachwissenschaftlicherin und Linkspolitikerin Elisa Loncón zur Präsidentin der neu eingesetzten Verfassungsgebenden Versammlung gewählt worden. Im zweiten Wahlgang erhielt die 58-jährige Akademikerin 96 von 155 Stimmen, berichtet die chilenische Tageszeitung "BioBio" von der konstituierenden Sitzung des Verfassungskonvents am Sonntag, den 4. Juli 2021.
In einer ersten Rede, die Loncón auf Spanisch und Mapudungún hielt, rief die Mapuche-Aktivistin dazu auf, Chile "neu zu gründen". Die neue Verfassung, die von den direkt gewählten Mitgliedern der Verfassungsgebenden Versammlung ausgearbeitet und verabschiedet wird, werde für das Land mehr "Pluralismus, Demokratie und Beteiligung" bringen. Sie streite für eine Magna Charta und ein "plurinationales und multikulturelles Chile, das die Rechte der Frauen und Bewahrerinnen der Erde nicht verletzt, das sich um Mutter Erde kümmert", zitiert "BioBio" die Politikerin.
Die Tochter eines Mapuche-Politikers, der zu Zeiten der Pinochet-Diktatur im Gefängnis saß, ist eine von 17 indigenen Vertretern in dem Verfassungsgremium, so die Nachrichtenagentur AFP. Die Abschaffung der bisherigen Verfassung war eine der wichtigsten Forderungen der Proteste gegen die neokonservative Regierung von Präsident Sebastián Piñera, die das Land seit Oktober 2019 erschütterten. In einem historischen Referendum im Oktober 2020 hatten mehr als drei Viertel der Wahlberechtigten in dem südamerikanischen Land dafür gestimmt, dass es eine neue Verfassung geben soll. Für die Verabschiedung hat der Konvent neun Monate Zeit. Bis heute gilt die Verfassung der neoliberal-autoritären Militärdiktatur von 1980.