Lateinamerika: NGO fordert Reichensteuer für kostenlose Covid-19-Impfung
Eine Vermögensabgabe für die Superreichen könnte jährlich 26,5 Milliarden US-Dollar in die Staatskassen der Länder Lateinamerikas und der Karibik spülen, rechnet eine Studie vor. Das würde reichen, um alle Menschen in der Region kostenlos gegen Corona zu impfen.
Die Einführung einer Reichensteuer könnte ausreichen, um Hunger und Corona-Pandemie in Lateinamerika gerecht zu bekämpfen. Einer Studie des lateinamerikanischen Forschungsnetzwerkes für wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit "Latindadd" zufolge, würde die Besteuerung großen Vermögens in den 20 Ländern der Region jedes Jahr insgesamt rund 26,5 Milliarden US-Dollar mehr in die Staatskassen spülen. Dies sei "eine konservative Schätzung", die zusätzlichen Steuereinnahmen könnten "auch doppelt so hoch" ausfallen, teilte die Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Lima mit.
Mit den Einnahmen der Superreichen könnte allen Menschen in Lateinamerika und der Karibik der kostenfreie Zugang zu einer Covid-19-Impfung gewährleistet werden, rechnen die Studienautoren vor. Alternativ würde die Steuer ausreichen, um für sechs Monate im Jahr einen "Bonus gegen den Hunger für jeden Menschen in extremer Armut" zu finanzieren. Die Corona-Pandemie habe die Armutsbekämpfung um 15 Jahre zurückgeworfen, die Steuereinnahmen seien eingebrochen. Gleichzeitig hätten die Superreichen ihr Einkommen zwischen Mai und Juli 2020 um 48 Milliarden US-Dollar gesteigert.
Größte Ungleichheit in Lateinamerika
Lateinamerika ist die weltweit ungleichste Region. Vom Rio Grande bis nach Feuerland besitzt das reichste ein Prozent der Bevölkerung 41 Prozent des gesamten Vermögens, beruft sich die Studie auf Zahlen der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und Karibik (CEPAL) und von "Oxfam". 22 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung komme dem reichsten ein Prozent zugute, ein doppelt so hoher Anteil der Reichtumsverteilung wie in den Industrieländern. Zu den Steuereinnahmen tragen die Reichsten jedoch nur 3,8 Prozent bei, berichtet die Nachrichtenagentur AFP.
Steuern auf Vermögen sind in Lateinamerika und der Karibik selten. Eine Vermögens- oder Eigenkapitalsteuer wird nur in 4 von 24 lateinamerikanischen Ländern erhoben. Zuletzt hatte Argentinien die Einführung einer Vermögenssteuer beschlossen. Der Anteil am Steueraufkommen ist jedoch sehr niedrig und erreicht in diesen Ländern (Uruguay, Kolumbien, Guyana, Argentinien) nur durchschnittlich 0,05 Prozent der Wirtschaftsleistung, so "Latindadd". Diese geringen Einnahmen lassen sich auch damit erklären, dass Regierungen oft kaum Informationen darüber haben, wie hoch das Vermögen ihrer Steuerzahler ist. (bb)