Kommentar: Internationaler Drogenhandel zerstört Staaten
In Deutschland läuft eine Debatte über die Legalisierung von Drogen. In Kolumbien wurde jetzt der meistgesuchte Drogenboss des Landes verhaftet. Warum diese Dinge untrennbar miteinander verbunden sind.
Die Bilder, die das kolumbianische Fernsehen am Wochenende präsentierte, sollen einen Triumph über den Drogenhandel vorgaukeln. Dairo Antonio Usuga David, alias "Otoniel", ist der meistgesuchte Drogenboss des Landes und Chef des rechtsextremen „Clan del Golfo“. Auf das Konto dieser paramilitärischen Bande gehen Verbrechen, die sich in ihrer Brutalität die meisten Europäer nicht einmal in der Phantasie im Stande sind auszumalen. Der "Clan del Golfo" ermordet indigene Umweltschützer und Menschenrechtler, zwingt deren Kinder an die Waffen, korrumpiert die Justiz, die Politik und die Polizei – wer dabei nicht mitmacht, wird grausam zerstückelt, gefoltert und entsorgt wie ein Stück Müll. Töchter, deren Väter Nein zu einer Kooperation sagen, werden vergewaltigt und getötet.
Legalisierung fördert nicht den Konsum
Das alles sollte man wissen, wenn man über die Legalisierung von Drogen spricht. Diese Debatte läuft gerade in Deutschland. Konservative Politiker warnen gerne davor, dass bei einer Freigabe von Drogen Kinder und Jugendliche ja viel leichter an - zum Beispiel - Kokain kommen würden. Das ist – gelinde gesagt – naiv und ein Selbstbetrug.
Denn tatsächlich kommen Kinder und Jugendliche derzeit so leicht wie nie an Koks. Europa wird von einer neuen Kokswelle geradezu überschwemmt. Das Kokain kommt unter anderem aus Kolumbien, Peru, Ecuador und Bolivien. Und auf vielen deutschen Schulhöfen, auf vielen Campus deutscher Unis gibt es eine unsichtbare aber höchst effektive "Filiale der Mafia".
Drogenhandel zerstört Staaten
Abgesehen davon, dass die Kokaproduktion, für die jedes Jahr illegal tausende Quadratkilometer Regenwald abgeholzt werden, extrem klimafeindlich ist, ist der Drogenhandel auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die ungeheure Macht, Kriminalität und Gewalt, die von den Drogenkartellen ausgeht, zerstört Demokratien und macht Staatengebilde zu „failed states“ – siehe Honduras, deren rechtsgerichteter Präsident Juan Orlando Hernandez laut US-Ermittlern selbst ein Drogenboss ist. Die durch den Drogenhandel ausgelöste Gewalt ist einer der wesentlichen Treiber für Migration in Mittelamerika.
Zurück zur Debatte über die Legalisierung von Drogen in Deutschland: Eigentlich geht es bei dieser Frage um etwas ganz anderes. Nämlich darum, wem westliche Demokratien in Zukunft die Herrschaft über den Vertrieb von Drogen überlassen wollen. Und damit die absurd hohen Milliardengewinne, mit denen rechtsextreme Paramilitärs, linke Guerillagruppen, islamistische Fanatiker wiederum eben jene Demokratien destabilisieren, die sie mit ihren Drogen unterwandern. Mit Terror, mit Gewalt, mit organisierter Kriminalität. Mit Hilfe von vermeintlich sauberen deutschen Anwaltskanzleien, eleganten Bankberatern zur Geldwäsche sowie mit Hilfe Clans, die ganze Stadtviertel beherrschen.
Prävention und kluge Sozialpolitik
Vertrauen wir als Gesellschaft lieber dem Apotheker, der 19 Prozent Umsatzsteuer drauf schlägt und darauf achtet, dass das Produkt auch frei von lebensgefährlichen Fremdstoffen ist, mit denen es gestreckt wird, um den ohnehin schon absurden Gewinn noch zu erhöhen? Oder einem Mann wie “Otoniel”, einem Vergewaltiger, Folterer, Mörder und Umweltzerstörer, der mit Hilfe von Gleichgesinnten die Drogen bis auf die Schulhöfe und in die Clubs liefert? Der desto mehr profitiert, je kaputter eine Gesellschaft ist, weil dann die Nachfrage nach Koks und anderen Rauschmitteln wächst.
Drogen wurden schon vor 2000 Jahren genommen und sie werden auch in 2000 Jahren noch konsumiert werden. Der Staat sollte versuchen, seine Gesellschaft mit Aufklärung, eine klugen Sozialpolitik und Prävention gegen diese ewige Menschheitsverlockung immun zu machen. Es wird immer Menschen geben, die ohne Drogen nicht auskommen können oder wollen. Von diesen Kunden sollten wir Umsatzsteuer verlangen, statt zuzulassen, dass Kriminelle wie „Otoniel“ mit ihrem höchst lukrativen Geschäftsmodell das Leben so vieler Menschen hier und in den Erzeugerländern zerstören.