Kolumbien: Schuldspruch im Fall Jineth Bedoya
21 Jahre hat die kolumbianische Journalistin Jineth Bedoya für Aufklärung und Gerechtigkeit in eigener Sache gestritten. Erfolgreich. Am Montag hat der Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte den kolumbianischen Staat verurteilt – Präsident Iván Duque akzeptierte den Schuldspruch in allen Punkten.

Die Journalistin Jineth Bedoya hat vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte Recht bekommen. Der kolumbianische Staat trägt Schuld an ihrer Vergewaltigung und Folter. Foto: Jineth Bedoya, Esther Vargas, CC BY-SA 4.0
In allen Punkten hat der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte mit Sitz in Costa Rica den kolumbianischen Staat im Fall Jineth Bedoya für verantwortlich erklärt. Für die Entführung der damals für die Tageszeitung "El Espectador“ tätigen Journalistin seien staatliche Institutionen genauso mitverantwortlich wie für die Folter und Vergewaltigung Bedoyas. Mehr noch: Die Richter in San José wiesen darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsinteresse gehabt habe, obwohl die Journalistin selbst recherchierte Beweise und Indizien vorgelegt habe.
In dem 92-seitigen Urteil ordnete das Gericht verschiedene Maßnahmen zur Wiedergutmachung an. Jineth Bedoya, die heute für die Tageszeitung "El Tiempo" arbeitet, war am 25. Mai 2000 vor dem Gefängnis „La Modelo“ entführt worden, wo sie ein Interview mit inhaftierten Paramilitärs führten sollte.
Das vereinbarte Interview war eine Falle. Bedoya wurde brutal vergewaltigt, gefoltert und brachte trotzdem die Kraft auf, für Gerechtigkeit zu kämpfen. Nicht nur für sich und ihre Kolleginnen und Kollegen, die immer wieder in den Fokus von Paramilitärs, Guerilla aber auch staatlichen Akteuren geraten, sondern auch für alle Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt wurden. Dafür steht ihr Projekt „Es ist nicht die Zeit zu schweigen“, das nun laut dem 92-seitigen Urteil vom kolumbianischen Staat finanziert werden muss.
Staat akzeptiert Schuldspruch
Für die Stiftung für Pressefreiheit (FLIP) und für die Klägerin selbst ist das Urteil ein Präzedenzfall: „Der 18. Oktober 2021 wird als der Tag in die Geschichte eingehen, an dem ein Kampf, der mit einer Straftat an einer einzelnen Person begann, dazu führte, dass die Rechte von Tausenden von Frauen, die Opfer sexueller Gewalt wurden, verteidigt wurden", erklärte Bedoya in der gemeinsamen Pressemeldung der Journalistenorganisation. Die hatte den Fall der Journalistin über Jahre begleitet und ihn letztlich auch vor den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte gebracht.
Dessen Urteil akzeptiert nun auch der kolumbianische Staat, dessen Vertreter im März noch die Verhandlung verlassen hatte. Nun erklärte Präsident Iván Duque, dass das Urteil in allen Punkten akzeptiert und umgesetzt werde. Der kolumbianische Staat lehne jegliche physische und psychische Aggression gegen Frauen ab, schrieb Duque auf Twitter. Jineth Bedoya hätte niemals entführt und gefoltert werden dürfen.
Inwieweit den klaren Worten des Präsidenten Taten folgen werden, ist offen. In der Vergangenheit wurden längst nicht alle Urteile und Verträge von der Regierung umgesetzt und erfüllt.