Jeder zehnte Lateinamerikaner lebt in extremer Armut
In Lateinamerika leben so viele Menschen in extremer Armut wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das geht aus dem jüngsten Bericht über die soziale Lage und wirtschaftliche Entwicklung auf dem Kontinent hervor, welcher die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) jedes Jahr veröffentlicht. „Auch wenn die Region von Beginn des letzten Jahrzehnts bis zur Mitte des aktuellen wichtige Fortschritte gemacht hat, so wurden seit 2015 Rückschritte gemessen“, heißt es im Bericht.
In 2017 hätten 62 Millionen Menschen in extremer Armut gelebt, das sind 10,2 Prozent der Bevölkerung, so viel wie seit 2008 nicht mehr. Als „extreme Armut“ definiert die CEPAL die Lebenssituation von Menschen, die „nicht über ausreichende Mittel verfügen, um wenigstens das Bedürfnis nach einer Mindestversorgung mit Nahrungsmittel sicher zu stellen.“ Die wieder angestiegene Armut sei „besorgniserregend“ und ein „Alarmsignal“, so die Ökonomen. Sie warnen, in Hinblick auf die schwächelnde Konjunktur in der Region, dem demographischen Wandel und einer Veränderung des Arbeitsmarktes, vor noch mehr Armut.
Besonders in Brasilien ist die extreme Armut gestiegen, allein in 2017 um 5,5 Prozent. Weniger Wirtschaftswachstum und mehr Arbeitslosigkeit haben viele Menschen noch ärmer gemacht. Die am meisten von der Armut betroffenen Bevölkerungsgruppen sind weiterhin Menschen auf dem Land, Frauen und Kinder. Menschen indigener und afrostämmiger Herkunft sind doppelt so häufig von Armut und extremer Armut betroffen wie die Mehrheitsgesellschaft. Als wichtigstes Gegenmittel nennen die UN-Ökonomen höhere Löhne und höhere staatliche Ausgaben für Soziales, Gesundheit und Bildung. (bb)