Chile: Einheimische gegen Wiederöffnung der Osterinsel für Touristen
In einem Referendum hat sich eine Mehrheit der Bevölkerung dafür ausgesprochen, auch im kommenden Jahr keine Touristen auf die Osterinsel zu lassen. Grund: die Furcht vor Corona-Ansteckungen.
An dem Referendum zum Tourismus auf Rapa Nui, wie die Osterinsel in der Sprache der Ureinwohner heißt, nahm nur die indigene Bevölkerung teil. Sie stellt 60 Prozent der rund 10.000 Bewohner. Da der Tourismus für die Inselbewohner eine wichtige Einnahmequelle darstellt, hat die Entscheidung über die Wiederöffnung auch große wirtschaftliche Bedeutung. Die Insel liegt im Pazifik rund 3.700 Kilometer vor der chilenischen Küste.
Die Beteiligung an dem Referendum fiel mit weniger als 20 Prozent sehr niedrig aus. Die vorgelegte Frage lautete: „Willst du die Insel im Januar für den Tourismus öffnen?“ Zwei Drittel der Teilnehmer an dem Referendum stimmten mit „nein“. Das Ergebnis ist nicht bindend, da die Entscheidung letztlich von der örtlichen Gesundheitsbehörde und dem chilenischen Gesundheitsministerium getroffen wird. Es handelt sich aber um ein Meinungsbild, das es zu berücksichtigen gilt.
Corona bislang gut im Griff
Die Einheimischen sorgen sich, dass mit der Wiederaufnahme der einzigen Flugverbindung von der Hauptstadt Santiago aus Corona Einzug halten könnte. Die Flugverbindung war am 16. März 2020 eingestellt worden. Chile schloss wegen der Pandemie die Grenzen, ordnete Quarantäne an und verhängte eine nächtliche Ausgangssperre. An Corona starben landesweit 36.000 Menschen. Die Osterinsel durfte nur noch zur Versorgung, auch mit Impfstoffen, angeflogen werden. Auf Rapa Nui wurden acht Corona-Fälle gezählt, Einweisungen ins Krankenhaus und Todesfälle wurden nicht verzeichnet. Seit September 2020 hat es keine Neuerkrankung mehr gegeben. 73 Prozent der Bewohner der Osterinsel sind geimpft.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ erinnert in einem Kommentar an das historische Gedächtnis der Ureinwohner, das die Entscheidung beim Referendum verständlich mache. Im 18. Jahrhundert hätten Entdeckungsreisende Grippe und Syphilis eingeschleppt. Ein großer Teil der Bevölkerung sei daran gestorben. Im 19. Jahrhundert hätten sich die Pocken ausgebreitet, Anfang des 20. Jahrhunderts Lepra. Der Verzicht auf Touristen wäre für die Bewohner der Osterinsel kein Drama. Die moderne Landwirtschaft sei in der Lage, einige Tausend Menschen auf der Insel zu ernähren.