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Brasilien: Evangelikaler Missionar soll über isoliert lebende Indigene wachen

Brasiliens Präsident Jair Messias Bolsonaro will isoliert lebende indigene Völker einem evangelikalen Missionar anvertrauen. Doch die Indigenen wehren sich.

Brasilien, Indigene, Yanomami, Amazonas

Frauen mit ihren Kindern auf dem Rückweg von der Feldarbeit in das Yanomami-Dorf Watoriki im brasilianischen Amazonasgebiet. Foto: Adveniat/Jürgen Escher

Brasiliens indigene Völker laufen Sturm gegen die geplante Ernennung eines ehemaligen Pastors und Missionars zum obersten Wächter über die isoliert lebenden Völker. Der Anthropologe Ricardo Lopes Dias soll laut Medienberichten in den nächsten Tagen zum Leiter der Abteilung für unkontaktierte Völker in der Indigenen-Behörde Funai ernannt werden. Damit würden ihm die geschätzt 114 unkontaktiert lebenden Völker Brasiliens unterstehen. Über zehn Jahre lang war Lopes Dias aktives Mitglied der New Tribes Mission (NTM), einer evangelikalen Missionsbewegung, die ihren Fokus auf isoliert lebende Völker hat.

"Einen NTM-Missionar mit der Leitung der Funai-Abteilung für unkontaktierte Völker zu betrauen, ist, wie einen Fuchs mit dem Schutz des Hühnerstalls zu beauftragen", kritisiert Sarah Shenker von der Menschenrechtsvereinigung Survival International (SI). Dies sei ein "offener Akt der Aggression; eine Ankündigung, dass diese Völker auch gegen ihren Willen kontaktiert werden sollen". Shenker sieht in der Personalie einen Zusammenhang mit Bolsonaros Plan, die indigenen Schutzgebiete für die Ausbeutung durch die Privatwirtschaft zu öffnen.

Vorwurf: NTM zwangsevangelisiert unkontaktierte Indigene

Mehrere Indigenen-Organisationen sprachen sich gegen die Ernennung aus. Die Missionierung isolierter Völker bedeute deren Vernichtung, so die UNIVAJA, die indigene Völker im Javari-Tal vertritt, wo mehrere isolierte Völker leben. Paulo Tupiniquim von der Indigenen-Organisation Apib befürchtet, dass Lopes Dias Änderungen innerhalb der Funai durchsetzen könnte: "Die Indigenen haben schon genug unter Missionaren gelitten, die die indigenen Religionen verurteilten und uns bekehren wollten."

Rund zehn Jahre lang arbeitete Dias Lopes für die NTM, die in Deutschland unter dem Namen "Ethnos360" aktiv ist. Insgesamt sollen mehr als 3.000 Missionare in zwei Dutzend Ländern für die 1942 in Florida gegründete Organisation tätig sein. Ihren Auftrag sieht die NTM darin, das Christentum Völkern nahezubringen, für die es bislang keine Bibelübersetzung gibt. Der Fokus richtet sich dadurch besonders auf isoliert lebende Indigenenvölker. In der Vergangenheit geriet NTM mehrfach in die Schlagzeilen, weil durch ihre Arbeit Krankheiten unter Indigenen verbreitet worden seien. In den 70er und 80er Jahren sollen ihre Missionare den Tod von Mitgliedern des paraguayischen Nomadenvolkes Ayoreo verursacht haben. In den 90er Jahren wurde NTM aus dem Amazonas-Teilstaat Para ausgewiesen, nachdem Indigene vom Volk der Zo'e starben.

Katholische Kirche für Bewahrung der indigenen Religion und Kultur

Am Freitag, 31. Januar 2020, erhob der Indigenenverband COIAB, der Amazonas-Völker vertritt, schwere Vorwürfe gegen die NTM. Deren Missionare hätten in der Vergangenheit mit Lügen und gar unter Androhung von Gewalt Zwangsevangelisierung betrieben. Durch Krankheiten sei es zum Tod mehrerer Indigener gekommen. Ebenfalls am Freitag sprach der katholische Indigenen-Missionsrat Cimi, Projektpartner des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, den Völkern Solidarität aus. Die Bolsonaro-Regierung trage die Verantwortung für die drohende Vernichtung der indigenen Völker. Cimi spricht sich dafür aus, den ursprünglichen Glauben der Indigenen zu bewahren.

Lopes Dias äußerte sich am Wochenende in der Zeitung "O Globo" zu den Vorwürfen. Seine Arbeit werde "professionell" sein; er werde nicht eine Evangelisierung der Indigenen vorantreiben. Lopes Dias sieht sich als Opfer: "Da läuft eine Diskriminierung ab, weil ich evangelikal bin. Dabei bin ich Anthropologe, habe meinen Magister und zudem gerade meinen Doktor gemacht." Er besitze "das nötige Wissen über die Lage der Indigenen in Brasilien".

Lopes Dias weist Vorwürfe zurück

Als Leiter der Abteilung für unkontaktierte Völker wäre Lopes Dias für 11 Schutzzonen mit 19 Funai-Stützpunkte verantwortlich. In den vergangenen Monaten gab es an mehreren Stützpunkten Angriffe durch illegale Goldsucher, Jäger und vermutlich gar Drogenbanden; das Justizministerium entsandte daraufhin Polizisten und Soldaten.
Indigenen-Vertreter glauben, dass die Funai geschwächt wird, um die Schutzzonen zu reduzieren und für Landwirtschaft und Bergbau zu öffnen. Bolsonaro hat angekündigt, den Indigenen kein neues Land mehr zuzuteilen und bereits bestehende Reservate zu reduzieren.

Quelle: KNA, Autor: Thomas Milz

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