Blickpunkt-Lateinamerika 2/2020

Deine Fotos zeigen den Alltag der kolumbianischen Farc-Guerilla. Was sagen die Rebellen selbst zu den Bildern? Manchen gefallen die Fotos, anderen nicht – aber auch die sagen meistens: Ja, so war es, das ist eben der Krieg. Für meine Aufenthalte bei der Farc hatte ich immer klare Regeln gesetzt: Ich werde die Wahrheit nicht verzerren oder Lügen erzählen. Dafür darf ich fotografieren, wo ich möchte. Über die Jahre habe ich das Vertrauen der Rebellen gewonnen und ich habe mich bei der Arbeit nie bedroht oder in Gefahr gefühlt. Deine Bilder sind heute weltweit bekannt. Wie kamst du mit der Fotografie in Berührung? Mein Vater kommt aus einer armen Bauernfamilie, aber er hat es auf die Universität geschafft und ist 1979 mit einem Stipendium nach Ägypten gegangen. Das war damals in Kolumbien ungefähr so, als wäre er zum Mond geflogen. Er nahm eine Kamera mit und als er zurück- kam, hängte er im Wohnzimmer Fotos auf. Mein Papa auf einem Kamel, mein Papa an den Pyramiden. Damals habe ich verstanden, dass Bilder den Menschen Dinge zeigen können, die sie sonst nicht verstehen würden. 2016 schloss Kolumbien einen Friedensvertrag mit der größten Guerillagruppe, der Farc. Du hast die Kämpfer auf ihrem Weg ins zivile Leben foto- grafisch begleitet. Wie hast du den Friedensprozess erlebt? Als die Farc sich entschlossen, ihren Kampf nach 56 Jah- ren demokratisch und als Partei im Parlament weiterfüh- ren zu wollen, hat mich das tief bewegt. Ich fotografiere schon seit vielen Jahren die Guerilla, aber ich identifiziere mich nicht mit ihrer Idee, ein Ziel mit Waffen zu erkämp- fen. Ich habe mich nie so unbeschwert durch Kolumbien bewegen können wie nach 2016. Die Farc war dabei, ihre Waffen abzugeben. Die ELN (Ejército de Liberación Bilder als Brücke zwischen den Welten MIT DER KAMERA BEI DEN FARC-REBELLEN INTERVIEW: MARIANA DELGADO UND FELIX WELLISCH, FOTOS: FEDERICO RIOS ESCOBAR Vor vier Jahren hat die kolumbianische Regierung mit der Rebellengruppe Farc (Fuerzas Armadas Revoluciona- rias de Colombia) einen historischen Friedensvertrag unterzeichnet, um den jahrzehntelangen Bürgerkrieg zu beenden. Der Fotograf Federico Rios Escobar hat die Farc-Rebellen während der Entwaffnung begleitet. Ein Ge- spräch über Bilder als Brücke zwischen den Welten und darüber, wieso der Frieden in Kolumbien so schwer zu erreichen ist. Unten: Selbstporträt: Federico Rios Escobar. Oben: Viele Kämpfer haben ihre Waf- fen individuell verziert. Kultur 16

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