Widerstand gegen Lithium-Abkommen
Stolz präsentierte vor ein paar Monaten die deutsche Politik die Zusammenarbeit mit Bolivien in der Lithium-Exploration. Ein Schlüsselprojekt für den Erfolg von E-Autos. Nun wächst vor Ort der Widerstand, erste Streiks haben begonnen.
Es begann mit einem Hungerstreik zweier Aktivisten vor ein paar Tagen in La Paz. Ihr Ziel: Die Annullierung der Verträge der Lithium-Exploration des bolivianischen Staates mit deutschen und chinesischen Firmen in Bolivien. Die beiden Aktivisten wurden von der Polizei von den Treppen des Kongresses entfernt und sollen sich nun in einem Gewerkschaftsbüro befinden.
Am Wochenende entschied das "Zivile Komitee" in der Region Potosi die Maßnahmen auszubauen. "Morgen beginnt ein Streik für unbestimmte Zeit in Potosi", bestätigte Marco Antonio Pumari vom lokalen "Bürger Komitee Potosi" der Tageszeitung Pagina Siete den Beginn des Ausstandes. Anfangs habe der Streik nur symbolischen Charakter, solle aber graduell ausgebaut werden, wenn die Forderungen der Demonstranten nicht erfüllt werden, so Pumari, der zu den Hungerstreikenden zählt.
Demonstranten fordern gerechte Beteiligung an Einnahmen
Kernforderung der Demonstranten ist eine gerechtere Beteiligung der Region an den zu erwartenden Einnahmen und eine Abschaffung des Dekrets 3738, mit dem die bolivianische Regierung das deutsch-bolivianische Joint-Venture startete. Pumari wirft dem deutschen beteiligten Unternehmen aus Deutschland vor, über keinerlei Erfahrung in der Industrialisierung sowie in der Finanzierung des Projektes zu verfügen. Die kritisierte Firma heißt ACI Systems Alemania (ACISA), ein Zweig des Energie-Spezialisten ACI Group, zu Hause in der Kleinstadt Zimmern ob Rottweil. Die weist die Vorwürfe zurück und betont, für die Verteilung der Einkünfte sei die bolivianische Seite als Mehrheitsanteilseigner verantwortlich.
Zudem sei die Region Potosi nur unzureichend an einem möglichen Gewinn beteiligt. Seit Monaten hätten die Kritiker der deutsch-bolivianischen Zusammenarbeit versucht, mit der Regierung des linksgerichteten Präsidenten Evo Morales in einen Dialog zu treten, seien aber bislang auf einer Mauer des Schweigens gestoßen. "Präsident Morales hat keine Bereitschaft gezeigt, uns zu empfangen." Dass in Bolivien in gut zwei Wochen Präsidentschaftswahlen anstehen und die Demonstranten der Opposition nahestehen, verleiht dem Anliegen weitere politische Brisanz. Nahezu alle bolivianischen Zeitungen berichten über den bevorstehenden Streik.
Morales: "Lithium ist das neue Erdgas"
Lithium ist ein enorm begehrter Rohstoff: Kein Handy ohne Lithium-Ionen-Akku, kein E-Bike und natürlich auch keine Batterie für die neue Generation der Elektroautos, die das Klima retten sollen. Lithium schlummert im Salar de Uyuni. 140 Kilometer lang, 110 Kilometer breit, der größte Salzsee der Welt. „Lithium ist das neue Erdgas“, schwärmt Präsident Morales seit Jahren.
Zur Vertragsunterzeichnung versammelte sich zum Jahreswechsel in der baden-württembergischen Vertretung in Berlin viel politische Prominenz. Von deutscher Seite war Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dabei, Präsident Morales und Energieminister Rafael Alarcón vertraten Bolivien. ACISA-Chef Wolfgang Schmutz machte der Auto-Industrie Hoffnung: "Durch das Joint Venture sichert sich Deutschland erstmals nach Jahrzehnten wieder den direkten Zugriff auf wichtige, nicht-heimische Rohstoffe. "Dies ist insbesondere für die deutsche Automobilindustrie von Bedeutung."
Koloniale Vergangenheit verursacht Misstrauen
Um die Sichtweise der Kritiker zu verstehen, ist ein Blick in die bolivianische Geschichte hilfreich. Einst waren in der Provinz Potosí, zu der der Salar de Uyuni gehört, riesige Silbervorkommen entdeckt worden. Das Vermögen wurde aber weitgehend von spanischen Kolonialherren geraubt. Zwar galt Potosí einmal als eine der reichsten Städte der Welt, doch von dem Reichtum der Vergangenheit ist heute nicht mehr viel übrig. Dieses Misstrauen ist in der Bevölkerung tief verankert, obwohl Morales als ein Politiker gilt, der die Interessen seines Landes gegenüber Investoren verteidigt. "Wir brauchen Partner, keine Besitzer", sagt Morales stets. Nun wird er seine Landsleute vom Deal mit den Deutschen neu überzeugen müssen.