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Mexiko |

Tag der Pressefreiheit: „Demokratie unter Beschuss“

Emmanuel Colombié, Lateinamerika-Direktor von Reporter ohne Grenzen (RoG), sieht die Presse- und Meinungsfreiheit in Mexiko stark gefährdet. Zum dritten Mal in Folge ist das lateinamerikanische Land laut RoG weltweit das gefährlichste für Journalisten.

Journalisten aus Deutschland sprechen mit einem Studenten in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile über die Forderungen nach "kostenfreier Bildung". Foto (Archivbild 2012): Adveniat/Jürgen Escher

Journalisten aus Deutschland sprechen mit einem Studenten in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile über die Forderungen nach "kostenfreier Bildung". Foto (Archivbild 2012): Adveniat/Jürgen Escher

Im von Gewalt gebeutelten Mexiko, wo jeden Tag rund hundert Menschen ermordet werden, stehen auch die Journalisten und Journalistinnen ständig unter Beschuss. Zwischen Jahresanfang und Mitte März wurden acht Reporter, Fotografen und Redakteure getötet. Das ist ein Opfer mehr, als im ganzen Jahr 2021 zu beklagen war. Schon damals war Mexiko - ein G-20-Staat und formell eine der größten Demokratien der Welt - laut „Reporter ohne Grenzen“ (RoG) das dritte Jahr in Folge das gefährlichste Land für die Presse. Alle 14 Stunden kam es zu einem Angriff gegen Pressevertreter. 2022 - das ist jetzt schon sicher - wird noch blutiger werden. Seit dem Jahr 2000 hat die mexikanische Sektion der Menschenrechtsorganisation „Article 19“ 153 getötete Medienschaffende gezählt, 141 Männer und zwölf Frauen. 

"Zonen des Schweigens"

In der Folge haben in den vergangenen Jahren Hunderte mexikanische Medienschaffende ihren Beruf aufgegeben oder gleich das Land verlassen. So erreichen das Organisierte Verbrechen und die staatlichen Aggressoren genau das, was sie wollen. Die Meinungsfreiheit stirbt. In immer mehr Städten und Landstrichen Mexikos entstehen „Zonen des Schweigens“; Gebiete, in denen die Medien nicht mehr über Schießereien, Kartelle oder bestechliche Politiker berichten.

In dieser Krisenlage schütze Linkspräsident Andrés Manuel López Obrador die Journalisten nicht etwa besonders, kritisiert der RoG-Lateinamerika-Direktor Emmanuel Colombié im Gespräch. Es sei genau das Gegenteil. Der Staatschef attackiert Reporter und Redakteure permanent und bezeichnet sie als „Medien-Söldner“. Das gilt besonders für diejenigen, die seine Regierungsarbeit hinterfragen. 

Journalist Ortuño: "Krieg gegen die Medien"

„Es ist sehr enttäuschend, was diese Regierung beim Schutz der Medien und ihrer Mitarbeiter tut. Die große Hoffnung, die Journalistinnen und Journalisten mit López Obrador verbanden, sind krass enttäuscht worden“, unterstreicht Colombié. „Nach drei Jahren an der Macht gibt es keine strukturellen Verbesserungen, staatliche Schutzmechanismen wie die Sonderstaatsanwaltschaft für Straftaten gegen die Meinungsfreiheit (Feadle) wirken nicht, die Straflosigkeit lässt einen schaudern.“ Der Teufelskreis der Gewalt setze sich unvermindert fort, sagt der RoG-Vertreter. Auch der Schriftsteller und frühere Journalist Antonio Ortuño zürnt: „Machen wir uns nichts vor: in Mexiko herrscht offener Krieg der Mächtigen und Machthaber gegen die Medien und die Informationsfreiheit”. 

Dabei war López Obrador noch aus der Opposition heraus ein harter Kritiker seiner Vorgänger wegen des mangelnden Schutzes der Presse. Aber nun ist er selbst zu einem Gefährder der Pressefreiheit geworden und ist dafür vom Europaparlament und der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) hart kritisiert worden. Vor allem die CIDH hatte beanstandet, der Präsident lasse „Zweifel an der Intention des Staates aufkommen, die Pressefreiheit zu verteidigen“.   

Angriffe gegen Journalisten bleiben ungestraft

Auch Colombié wirft dem mexikanischen Staatsoberhaupt vor, „einen stigmatisierenden Diskurs gegen kritische Medienschaffende“ zu pflegen und sie zu schikanieren. Gerade seine täglichen Pressekonferenzen nutze López Obrador dazu, Reporter zu attackieren und vorzuführen, wenn sie ihn kritisieren. „Zudem fehlen offen ausgesprochene Verurteilungen auf Landes- und Bundesebene, wenn ein Journalist oder eine Journalistin attackiert werden. Insgesamt ist das sehr besorgniserregend.“ 

Unter dieser unerträglichen Situation litten insgesamt auf einer übergeordneten Ebene auch die Meinungs- und Pressefreiheit extrem. „Es ist eine wichtige Säule der Demokratie, die in Mexiko unter Beschuss gerät“, unterstreicht der RoG-Lateinamerika-Chef.

Dies sehen die Kolleginnen und Kollegen landauf und landab inzwischen fast alle auch so. „Der Präsident ist kritikunfähig, sieht in uns korrupte Verräter, die Interessen mächtiger Gruppen vertreten - und er hält es für das Beste, dass die Leute uns als solche sehen", sagt eine Journalistin, die López Obrador schon kannte, als er in den 1990-er Jahren noch Provinzpolitiker war. 

Autor: Klaus Ehringfeld, Mexiko

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