Papstschreiben zur Amazonassynode veröffentlicht
Die Reaktionen auf das Papstschreiben zur Amazonas-Synode reichen von Zustimmung bis Ablehnung. Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat sieht darin in jedem Fall geöffnete Türen für eine Weiterentwicklung in strittigen Fragen.
Das deutsche Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat wertet das Papstschreiben zur Amazonas-Synode als Signal für eine "neue, offene, menschliche Weltkirche". Hauptgeschäftsführer Michael Heinz sagte am Mittwoch, 12. Februar 2020, in Essen: "Franziskus hat den Weg freigemacht, überkommene klerikale und zentralistische Strukturen zu überwinden. Er will eine Kirche des unerschrockenen, offenen Dialogs: mit den Menschen, mit den Kulturen, mit den Religionen, mit der Welt." Zugleich räumte Heinz ein, dass er bei der Frage nach den Zugangsvoraussetzungen zum Priesteramt und in Bezug auf die Rolle der Frauen in der Kirche deutlichere Worte des Papstes erwartet hätte.
Das sieht auch der Essener Bischof und Vorsitzende der Adveniat-Kommission Franz-Josef Overbeck so: „Ich hätte den Gemeinden in Amazonien gewünscht, dass Papst Franziskus den Beschlüssen der Amazonassynode gefolgt wäre und – als regionale Lösung - bewährten verheirateten Männern aus dem Amazonasraum auf dem Weg einer Dispens den Zugang zur Priesterweihe (als sogenannte viri probati) ermöglicht hätte."
Dem Heiligen Geist nicht die Flügel stutzen
Die Amazonas-Synode habe im Schlussdokument gefordert, "Kriterien und Ausführungsbestimmungen" festzulegen, "nach denen geeignete und in der Gemeinde anerkannte Männer zu Priestern geweiht werden können", die verheiratet sind und bereits als ständige Diakone wirken, erklärte Pater Heinz. Papst Franziskus spreche nun von "mit entsprechenden Vollmachten ausgestatteten Laien-Gemeindeleitern" und davon, dass "die ständigen Diakone, die Ordensfrauen und die Laien selbst wichtige Verantwortung für das Wachstum der Gemeinschaften übernehmen". Damit sei weiteren Entwicklungen kein Riegel vorgeschoben, betonte Heinz. "Wir sollten den Aufruf zum Dialog von Papst Franziskus ernst nehmen, wenn er schreibt: 'Lasst uns furchtlos sein, stutzen wir dem Heiligen Geist nicht die Flügel'."
Befreiungstheologe Paulo Suess zeigt sich enttäuscht
Der in Brasilien lebende deutsche Theologe Paulo Suess zeigt sich enttäuscht über das Papstschreiben zur Amazonas-Synode. Man habe erwartet, dass Franziskus die "schüchternen Versuche einer Öffnung in der Ämterfrage verstärken" würde. "Es geht um Eucharistie, nicht um Zölibat. Es geht um das Gedächtnis von Tod und Auferstehung, um die Mobilisierung der Widerstandskräfte gegen Vergesslichkeit und Resignation", betont Suess. An dieser Schraube müsse in der nachsynodalen Umsetzung gedreht werden. Das Schlussdokument der Synode sei mit neuen Ansätzen "weit konkreter" gewesen.
Suess erinnerte daran, dass der Tag der Veröffentlichung von "Querida Amazonía" mit dem Jahrestag der Ermordung der Ordensfrau Dorothy Stang zusammenfiel. Die US-Amerikanerin war im brasilianischen Amazonas-Dschungel wegen ihres Einsatzes für Kleinbauern am 12. Februar 2005 erschossen worden. Titel und Publikationsdatum des Papstschreibens erinnerten daran, dass Amazonien ein Stück Erde sei, "dem die Kirche im Dienst an der gesamten Menschheit ganze Aufmerksamkeit und Hingabe schuldet", so Suess.
Nachsynodales Schreiben trägt den Titel "Geliebtes Amazonien"
Papst Franziskus hatte zuvor in seinem Schreiben "Querida Amazonia" ("Geliebtes Amazonien") seine Schlussfolgerungen aus der Amazonas-Synode vorgelegt, die vom 6. bis 27. Oktober im Vatikan tagte. Bei dem Bischofstreffen ging es unter anderem um ökologische und soziale Folgen des Raubbaus in der ressourcenreichen Region, die Stärkung der indigenen Bevölkerung und um neue Wege in der Seelsorge.