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Nicaragua: Alternativer Nobelpreis für Rechtsanwältin Lottie Cunningham

Die Nicaraguanerin Lottie Cunningham Wren setzt sich für indigene und afroamerikanische Minderheiten in Nicaragua ein. Die von ihr gegründete Organisation CEJUDHCAN verteidigt vor allem Landrechte und fördert indigene Kultur. 

Nicaragua, Lottie Cunningham

Lottie Cunningham Wren (vorne rechts) bei einer öffentlichen Anhörung 2019 in Costa Rica vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte. Foto: CEJUDHCAN, Right Livelihood

Lottie Cunningham Wren ist Rechtsanwältin und Menschenrechtsaktivistin. Sie stammt selbst aus dem indigenen Volk der Miskito in Nicaragua. In ihrer Arbeit setzt sie sich vor allem für den Schutz und die Stärkung indigener Gemeinschaften ein. Ursprünglich zur Krankenschwester ausgebildet, entschied sich Cunningham zu einem Jurastudium und arbeitet seit 1995 als Rechtsanwältin. 2003 gründetet sie die Nichtregierungsorganisation Zentrum für Gerechtigkeit und Menschenrechte an der Atlantikküste Nicaraguas (Centro por la Justicia y Derechos Humanos de la Costa Atlántica de Nicaragua, kurz: CEJUDHCAN).

Seit mehr als 20 Jahren setzt sich Cunningham dafür ein, indigene Gemeinschaften zusammenzubringen, um die Land- und Menschenrechte indigener Völker und Afroamerikaner zu stärken. Zentraler Teil ihrer Arbeit war seitdem die Unterstützung des Prozesses der Demarkation indigener Gebiete und die Übertragung der Eigentumsrechte an die Indigenen. Derzeit macht ihr vor allem die Ausbreitung des Corona-Virus in den indigenen Gebieten Sorge. Es fehle an Medikamenten und Personal, zitiert Deutsche Welle die 61jährige Juristin. Die Menschen glaubten, "es sei nur Fieber oder eine Grippe, sie denken nicht an das Virus. Und die Krankenschwestern haben noch nicht einmal Paracetamol. Es ist traurig. Sie alle fühlen sich von den lokalen Behörden und der Regierung verlassen."

Indigenes Land reich an Ressourcen

Mehr als 400.000 Angehörige indigener Völker und Menschen afrikanischer Abstammung - das sind etwa ein Zehntel der Gesamtbevölkerung - leben entlang der Atlantikküste Nicaraguas und pflegen dort ihre ganz eigene Kultur und Lebensweise. Nach Ende des Bürgerkrieges war ihnen 1987 der Rechtsstatus der Selbstverwaltung und Autonomie zuerkannt worden. Heute besitzen 304 indigene und afro-nicaraguanische Gemeinschaften in 23 Gebieten entlang der Ostküste Nicaraguas Eigentumsurkunden für ihr Land. 

Doch ihr Land ist reich an bedeutenden natürlichen Ressourcen. Das weckt Begehrlichkeiten, diese Ressourcen wirtschaftlich auszubeuten. Laut eines Berichts des Internationalen Währungsfonds von 2010 verlaufen 95 Prozent der Wasserscheiden auf indigenem Land; 72 Prozent der Waldflächen befinden sich dort; 70 Prozent der Fischprodukte stammen aus der Karibik; 23 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen liegen in diesem Gebiet und 60 Prozent der Bodenschätze sind ebenfalls an der karibischen Küste zu finden. Zusammen umfassen die autonomen indigenen Regionen der Nord- und Südkaribik die Hälfte des nicaraguanischen Staatsgebiets.

Enteignung und Invasion durch große Unternehmen

Die Regierungen Nicaraguas haben diese Gemeinschaften lange Zeit marginalisiert und ihr Land enteignet, um die illegale Ausbeutung von Naturschätzen in den autonomen indigenen Regionen voranzutreiben. Mitte der 1990er-Jahre vergab die Regierung eine Genehmigung zum Holzeinschlag auf indigenem Land an ein koreanisches Unternehmen und spitzte damit die ohnehin schon schwierige Situation krisenhaft zu. Die nicaraguanische Verfassung von 1987 gewährte den Gemeinschaften an der karibischen Küste den rechtlichen Schutz ihres privaten und gemeinschaftlichen Eigentums, doch die Abgrenzung ihres Landes wurde nie umgesetzt. Die Invasion der Firmen und Bergbauunternehmen, die bis zum heutigen Tage andauert, hat nicht nur die indigenen Territorien verwüstet, auch die Mehrheit der Gemeinschaften wurde von dort vertrieben.

Internationaler Rechtsschutz für indigenes Land

Einer der größten Erfolge Cunninghams war die Durchsetzung kollektiver Rechte für die indigenen Völker Nicaraguas vor dem Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte. Als Sachverständige erstritt Cunningham in Zusammenarbeit mit dem Indian Law Resource Center im August 2001 ein Urteil zugunsten der Gemeinschaft. Das Gericht kam zu dem Urteil, dass Nicaragua die Rechte der Awas Tingni verletzt habe, indem es ohne vorherige Einwilligung die Konzession zur Ausbeutung der forstwirtschaftlichen Ressourcen auf dem Gebiet der Gemeinschaft vergeben hatte. In der Folge musste Nicaragua die indigenen Gebiete abgrenzen und beurkunden. Das zugrundeliegende Verfahren hierfür hat Cunningham entworfen und in die Praxis umgesetzt. Es gilt weltweit als Vorbild.

Förderung und Schutz der indigenen Rechte und Kultur

Ein weiteres Thema, das Cunningham am Herzen liegt, sind die Rechte indigener Frauen in ihrer häuslichen Umgebung, ihren Gemeinschaften und ihren Territorien. Deshalb hat Cunningham ein spezielles Programm ins Leben gerufen, um Frauen in Entscheidungspositionen zu bringen. 

Die von Cunningham gegründete Nichtregierungsorganisation CEJUDHCAN fungiert als gesetzlicher Vertreter von 97 kommunalen und 9 territorialen Regierungen. Dabei gewährt die NGO nicht nur Rechtsbeistand, sondern unterstützt auch Landwirtschafts-, Bildungs- und Umweltprojekte. Neben juristischem Beistand in Landkonflikten setzt sich CEJUDHCAN für Ernährungs- und Wassersicherheit, sanitäre Versorgung, Rechte von Frauen auf sexuelle und reproduktive Gesundheit, Gleichstellung der Geschlechter und Prävention häuslicher Gewalt ein.

Cunningham teilt sich den Alternativen Nobelpreis mit dem belarussischen Menschenrechtsaktivisten Ales Bialiatski, dem US-Amerikaner Bryan Stevenson, der für die Gleichberechtigung der Afroamerikaner in den USA kämpft, und der iranischen Rechtsanwältin Nasrin Sotoudeh, die sich unter anderem für Frauenrechte einsetzt.

(right livelihood foundation, dw.com)

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