Preisträger Aldana und Velasquez kämpfen gegen Korruption
Ende November 2018 werden Thelma Aldana und Ivan Velasquez in Stockholm „für ihre innovative Arbeit zur Aufdeckung von Machtmissbrauch und zur Verfolgung von Korruption und damit zur Wiederherstellung des Vertrauens der Menschen in öffentliche Institutionen" mit dem Livelihood Award, dem undotierten Ehrenpreis des Alternativen Nobelpreises, ausgezeichnet.
Thelma & Ivan
Thelma Aldana, aus Guatemala, und der Kolumbianer Ivan Velásquez sind beide Jahrgang 1955. Nach Abschluss ihres Studiums 1982 arbeitete Aldana zunächst als Juristin und Notarin. Sie spezialisierte sich dann auf Zivil- und Prozess, sowie Wirtschaftsrecht. 2009 wurde sie an den Obersten Gerichtshof Guatemalas berufen, den sie von 2011 bis 2012 leitete. In dieser Zeit war einer ihrer Schwerpunkte die Schaffung eines Netzwerks von Sondergerichten zur Bearbeitung der Fälle von Femiziden, zu dem auch die dafür eingerichtete Sonderabteilung innerhalb der Staatsanwaltschaft gehört. Den Posten der Generalstaatsanwältin trat sie 2014 an.
Als Velasquez 2013 den Vorsitz der CICIG übernahm, lag eine gut 30 jährige juristische Arbeit in seinem Heimatland Kolumbien hinter ihm. Er ermittelte dort zu Menschenrechtsverletzungen. Hervorgetan hat er sich als Regionalstaatsanwalt in den Jahren 1995 bis 1997 in Medellín durch seine Ermittlungen gegen paramilitärische Gruppen. Später dann, als Vorsitzender einer Untersuchungskommission bis 2012, belegte er Verbindungen zwischen Paramilitärs, der organisierten Kriminalität und Mitgliedern des Kongresses. 2009 erhielt der den Menschenrechtspreis des Deutschen Richterbundes.
Velasquez leitet seit 2013 die von der UNO eingesetzte internationale Kommission gegen Straffreiheit und Korruption in Guatemala, die CICIG. Eine weltweit bisher einmalige Kommission, die 2007 ihre Arbeit in Guatemala aufnahm. Sie sollte dieses von 36 Jahren Bürgerkrieg zerrüttete Land beim Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen zu unterstützen. Dazu gehörten die Auflösung und strafrechtliche Verfolgung illegaler Verbände und geheimer Sicherheitsapparate, die in den Nachkriegsjahren das Land regierten und mit ihren korrupten Strukturen und Netzwerken in illegalen Aktionen die Staatskasse plünderten.
CICIG bekämpft Korruption bis ins höchste Amt
Das Mandat der CICIG erlaubt zwar eigenständige Ermittlungen in Korruptionsfällen, ist aber in der strafrechtlichen Verfolgung und Klageerhebung auf die direkte Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft angewiesen. Eine Konstruktion, die Velasquez als gelungen beschreibt, denn nur durch intensive Zusammenarbeit der internationalen Kommission mit der nationalen Behörde auf Augenhöhe kann dadurch die Stärkung des Rechtsstaates vorangetrieben werden. Dass dies möglich ist, haben Thelma Aldana und Ivan Velasquez in den vier gemeinsamen Jahren gezeigt. Sie haben Korruption bis in die höchsten politischen Ämter bekämpft. Zum Beispiel Ex-Präsident Oscar Perez Molina.
Er wurde während seiner Amtszeit dank akribischer Ermittlungsarbeit als eine der zentralen Figuren des kriminellen Netzwerkes La Linea überführt, das mittels Korruption mehrere Millionen Dollar Zolleinnahmen veruntreute. Er und seine damalige Vizepräsidentin Baldetti sitzen in Untersuchungshaft. Ein emblematischer Fall für Guatemala, der das Eindringen krimineller, mafiöser Banden in den politischen Machtapparat wiederspiegelt. Aldana verdankte ihre Ernennung zur Generalstaatsanwältin Perez Molina. Das hinderte sie nicht daran, gegen ihn zu ermitteln, obwohl ihr das schwer gefallen sei, wie sie später in Interviews beteuerte. Sie hatte an ihn als Präsident geglaubt. Aber und das ist für ihr Handeln das Entscheidende sie glaubt auch an die Gesetze. Die seien für sie bindend als Juristin, egal auf welchem Posten. Aldana und Velasquez ermittelten auch gegen weitere ehemalige Präsidenten, zuletzt im Februar 2018 gegen Alvaro Colom mitsamt seinem früheren Kabinett wegen Verschiebung staatlicher Gelder in Höhe von über 30 Mio. Dollar an ein Transportunternehmen.
Auch Präsident Morales unter Beobachtung
Den aktuellen Präsidenten Jimmy Morales haben Aldana und Velasquez wegen illegitimer Wahlkampffinanzierung im Visier. Doch das Parlament lehnt bisher eine Aufhebung seiner Immunität ab. Morales versucht Velasquez los zu werden. Sein erster Versuch im Herbst 2017 ihn als Persona non grata des Landes zu verweisen scheiterte. Nun lehnt Morales eine Verlängerung der CICIG über den Herbst 2019 hinaus ab und verweigert aktuell Velasquez die Wiedereinreise nach Guatemala.
Für Velasquez kommt der alternative Nobelpreis „zu einem besonders dramatischen Zeitpunkt im Kampf gegen Straflosigkeit und Korruption". Aldana sieht darin „eine Anerkennung des Kampfes des guatemaltekischen Volkes gegen die Korruption und dass es möglich ist, diese kriminellen Aktivitäten zu bekämpfen. Der Aufbau einer echten Demokratie in Guatemala erfordert ein unabhängiges und gestärktes Rechtssystem."
Autorin: Erika Harzer