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El Salvador, Guatemala, Honduras |

Mittelamerika: Zurück ins autoritäre Zeitalter?

Menschenrechtler werden in Mittelamerika immer häufiger kriminalisiert und attackiert. Einige Staatschefs tragen mit ihrer autoritären Politik dazu bei. Wer gegen mich ist, ist mein Feind, scheint die Devise zu sein. Für Aktivisten hat das Folgen. 

Unter Alejandro Giamattei in Guatemala haben sich die Aggressionen gegen Aktivisten mehr als verdoppelt. Foto: Gobierno de Guatemala, Public Domain Mark 1.0

Menschenrechtler leben in Mittelamerika gefährlich – ein Trend der sich zunehmend verstärkt. Anabella Sibrián von der „Internationalen Plattform gegen die Straflosigkeit“ macht dafür die Erosion der Institutionen mitverantwortlich. "Wenn Gerichte, Parlamente oder Ombudsstellen gar nicht mehr richtig funktionieren, manchmal sogar geschlossen werden, dann hat das Folgen“, sagte Sibrián bei einem Online-Event Ende März. Denn die systematische Kriminalisierung von Menschenrechtsverteidigern hat merklich zugenommen. Diese Entwicklung zeigt sich besonders in Guatemala, wo Sibrián ihr Büro hat.

Die Menschenrechtsorganisation Udefegua zählte vergangenes Jahr bis zum 17. Dezember 2020 alleine in Guatemala 1004 Aggressionen gegen Menschenrechtsverteidiger, darunter 15 Morde. Dabei wird staatlichen Organisationen und regionalen Verantwortlichen in 313 Fällen vorgeworfen, Aktivisten zu kriminalisieren - oft im Kontext mit Landkonflikten. Generell hat sich die Situation mit dem Amtsantritt von Alejandro Giammattei im Januar 2020 massiv verschlechtert. Zum Vergleich:  Die Zahl der Aggressionen hat sich seit 2019 von 494 auf 1004 mehr als verdoppelt.

Gegen Feinde werden alle Register gezogen

Die Gründe dafür sind vielfältig, doch auch das repressive Auftreten des Präsidenten trägt dazu bei. „Für ihn sind alle, die ihn kritisieren, gegen Korruption demonstrieren, Feinde des Präsidenten. Gegen die werden alle Register gezogen“, moniert Claudia Samayoa, Direktorin von Udefegua. Polizeigewalt bei Demonstrationen gegen die Selbstbereicherung von Politikern gehören genauso dazu, wie das juristische Vorgehen gegen widerständige Gemeinden, die sich gegen illegalen Gold-Bergbau in ihrer Nachbarschaft wehren.

Guatemala ist kein Einzelfall. In der Region gehen gleich vier Präsidenten immer autoritärer und repressiver gegen Kritiker vor: Juan Orlando Hernández in Honduras, Alejandro Giammattei in Guatemala, Daniel Ortega in Nicaragua und Nayib Bukele in El Salvador. Der Caudillismo, also ein System der starken Anführer, ist wieder auf dem Vormarsch, mahnt Samayoa: „Systematisch wird die Unabhängigkeit der Justiz untergraben, Ombudsstellen für die Grundrechte der Bevölkerung kaputtgespart und die Polizei als Repressionsinstrument ins Feld geführt." Die Militärpolizei in Honduras, die weitreichende Befugnisse hat, gegen die aber nur wenige Staatsanwälte Anzeigen entgegennehmen dürfen, sind ein Beispiel dafür. Die Diffamierungskampagne von Nayib Bukele in El Salvador gegen kritische Medien wie „El Faro“ oder „Factum“ ein weiteres. Genauso wie die Gesetze zur Kontrolle der Medien und der Nichtregierungsorganisationen in Nicaragua.

Ein Großteil dieser Aggressionen bleibt ungeahndet –  die Straflosigkeit ist ein strukturelles Problem der ganzen Region. Kaum ein anderer Fall zeigt das so symbolhaft, wie der von der ermordeten Menschenrechts- und Umweltaktivistin Berta Cáceres in Honduras.  Sie setzte sich unter anderem gegen illegalen Bergbau ein. Bis heute sind die Auftraggeber ihres Mords nicht ermittelt oder verurteilt.

Europäer in die Verantwortung nehmen 

Auch europäische Unternehmen sind etwa an der Finanzierung von Wasserkraft-Projekten in der Region beteiligt, wie die deutsche KfW-Entwicklungsbank in Guatemala. Ein Detail, dass die Frage aufwirft, welche Optionen und welche Verantwortung Deutschland, die Europäische Union und die USA haben? Wie lassen sich Aktivisten für Menschen-, Umwelt- und Sozialrechte schützen? Fragen, die für die Zukunft der Region relevant sind. Anabella Sibrián fordert daher die Europäer auf, Investitionsprojekte genau unter die Lupe zu nehmen.

Direkte Treffen zwischen Aktivisten und deutscher Botschaften in der Region hat sie ebenfalls bereits vermittelt. Das sorge für mehr Verständnis. Derartige Initiativen sind eine wichtige Hilfestellung, glaubt Claudia Samayoa. Dennoch sagt sie: „Jeder Schritt in Richtung des gesellschaftlichen Wandels muss hier vor Ort beginnen und nicht in Washington oder Brüssel. Wir brauchen Unterstützung, aber wir müssen selbst aktiver werden."

Autor: Knut Henkel

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