Großfahndung nach Präsidentenmördern auf Haiti
Nach der Ermordung des haitianischen Präsidenten Moïse läuft die Fahndung nach den Tätern auf Hochtouren. Die Polizei tötete nach eigenen Angaben vier mutmaßliche Mörder. Noch seien aber nicht alle Angreifer gefasst.
"Die Polizei befindet sich immer noch im Kampf mit den Angreifern", sagte Polizeichef Leon Charles in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. Wie es weiter heißt, konnten zwei mutmaßliche Täter gefangen genommen werden.
Getötet im eigenen Haus
Unbekannte waren in der Nacht zum Mittwoch in die Residenz des 53 Jahre alten Präsidenten Jovenel Moïse in einem Vorort der Hauptstadt Port-au-Prince eingedrungen und hatten ihn erschossen. Seine Ehefrau Martine wurde verletzt und zur Behandlung in die rund 1000 Kilometer entfernte US-Stadt Miami gebracht, wie Haitis Botschafter in den USA, Bocchit Edmond, internationalen Medien sagte. Die Angreifer seien nach ersten Erkenntnissen Ausländer gewesen, die sich als Angehörige der US-Anti-Drogenbehörde DEA ausgegeben hätten.
Nach Angaben der haitianischen Botschaft in Washington handelte es sich um einen genau koordinierten Angriff durch eine gut ausgebildete und schwer bewaffnete Gruppe. Übergangs-Premierminister Claude Joseph sagte in einer Ansprache an die Nation, die Täter hätten Englisch und Spanisch gesprochen.
UN-Sicherheitsrat verurteilt Attentat
Nach den tödlichen Schüssen auf den Präsidenten rief der UN-Sicherheitsrat die Politiker in dem Karibikstaat zur Mäßigung auf. Es gelte alles zu vermeiden, was die Lage weiter destabilisiere, erklärte das höchste UN-Gremium. Alle politischen Kräfte müssten sich in Zurückhaltung üben. Der Sicherheitsrat verurteilte das Attentat auf Moïse und forderte die strafrechtliche Verfolgung der Angreifer. An diesem Donnerstag soll das Gremium weiter hinter verschlossenen Türen über die Entwicklung in Haiti beraten.
Regierungen weltweit reagierten bestürzt auf den Anschlag, der die Krise in dem ohnehin von Instabilität und großer Armut geprägten Karibikstaat noch verschärfen dürfte.
Die USA riefen dazu auf, die für September vorgesehenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen wie geplant abzuhalten. Dadurch könne wieder ein funktionierendes Parlament eingesetzt und eine friedliche Machtübergabe an einen neuen Präsidenten ermöglicht werden, so ein Sprecher des US-Außenministeriums.
Das verarmte Haiti kämpft mit zunehmender Bandenkriminalität und leidet unter einer schweren Nahrungsmittelknappheit. Moïse war seit 2017 im Amt und regierte seit mehr als einem Jahr per Erlass, nachdem eine für 2018 geplante Parlamentswahl unter anderem wegen Protesten gegen ihn verschoben worden war. Die Opposition warf ihm Korruption und den Aufbau einer Diktatur vor.
Moïse hatte die Anschuldigungen stets bestritten und auf eine Verfassungsreform gedrungen, mit der er nach eigenen Angaben für mehr politische Stabilität sorgen wollte. In den vergangenen vier Jahren wechselte Moïse vier Mal den Regierungschef aus. Erst am Montag hatte er die Ernennung des neuen Regierungschefs Ariel Henry bekannt gegeben, der Joseph nach nur drei Monaten im Amt ablösen sollte.