Ethnologin de Castro: Kolonialzeit auch an Schulen aufarbeiten
Die Leiterin des Stuttgarter Linden-Museums, Ines de Castro, fordert eine breite Auseinandersetzung mit der Kolonialzeit. Es gelte, die Aufarbeitung "auch in die Gesellschaft und die Schulen zu bringen", sagte sie der "Welt" (Mittwoch). Museumsbesucher wollten oftmals "wissen und verstehen - nicht nur staunen", so die Ethnologin weiter. Die Museen müssten ihrerseits den veränderten Umgang mit Ausstellungsstücken aus der Kolonialzeit darstellen und dafür sensibilisieren.
Sie sehe das Museum künftig als "Dialogplattform", erklärte de Castro: "Museen sollten nicht mehr als Orte unveränderlicher Wahrheitsansprüche begriffen werden." Objekte müssten stärker in ihre historischen, kulturellen und sozialen Umfelder eingebettet werden. Dies betreffe nicht nur Bestände aus afrikanischen Ländern, sondern auch etwa "Stücke, die in den 1970er-Jahren aus Notverkäufen bedrängter Geflüchteter stammen und in unser Haus kamen".
Zur Debatte um die Rückgabe einzelner Objekte an die Herkunftsländer sagte de Castro, dass daran keine Bedingungen geknüpft werden sollten. "Wir versuchen mit Restitution einen nachhaltigen Dialog zu knüpfen, wie im Fall von Namibia, aber es ist immer nur ein Angebot." In vielen Ländern gebe es durchaus eine "funktionierende museale Infrastruktur", betonte die Expertin. (KNA)