Guaraní wählen erstmals seit Kolonialzeit indigene Regierung
In der ostbolivianischen Amazonasgemeinde Charagüa Pueblo im Departamento Santa Cruz haben indigene Bewohner erstmals seit der spanischen Eroberung eine indigene Selbstverwaltung gewählt. "Diesen Sonntag ist in der Zona Charagüa die Abstimmung in der Gemeinde Charagüa Pueblo zu Ende gegangen. Vertreter der drei Organe der Indigenen Selbstregierung Guaraní Charagüa Iyambae haben die erste Selbstregierung in Bolivien und auf der Welt gewählt", sagt René Laime, Direktor für Indigenen-Autonomie vom nationalen Autonomie-Ministerium, dem Nachrichtenverbund Erbol.
Zur geheimen und allgemeinen Wahl waren über 1.750 indigene Bewohner in 33 Ortschaften aufgerufen. Zum Regierenden von Charagüa wurde José Fernando Menacho gewählt. In das lokale Organ mit gesetzgebender Gewalt zogen Evelín Romero Justiniano und Adhemar Flores Zenteno ein. In das "Organ kollektiver Entscheidung" - eine Art Lokalrat - wurden die zwei Kandidatinnen María Nela Baldelomar, Eugenia Korimailla Llanos und die zwei Kandidaten Hedder Sánchez Barba und Agustín Aramayo Moza gewählt. Die Vertreter für den übergeordneten regionalen Guaraní-Rat "Tëtarembiokuai Reta Imborika" (TRI) stellen sich am 17. September 2016 zur Wahl, ebenso wie die Vertreter für Naturparks- und Reservate. In allen Vertretungen herrscht das Rotationsprinzip.
Die Möglichkeit indigener Selbstregierung wurde erstmals in der neuen Verfassung Boliviens in Artikel 2 verankert. Dem Artikel zufolge wird indigenen Völkern "ihre ursprüngliche Herrschaft über ihre Territorien die freie Selbstbestimmung im Rahmen des Einheitsstaates garantiert". Diese Selbstbestimmung besteht in dem Recht auf "Autonomie, Selbstregierung, die eigene Kultur, Anerkennung eigener Institutionen und die Stärkung eigener Gebietseinheiten", so die 2009 in einer Volksabstimmung angenommene Verfassung. (bb)
Foto: Edwin Velásquez,CC BY-SA 2.0.