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Mexiko |

Die Stille brechen - Der Film "Silence Radio" von Juliana Fanjul

Für ihren Film "Silence Radio" hat Juliana Fanjul die mexikanische Enthüllungsjournalistin Carmen Aristegui über Jahre begleitet. Das Ergebnis ist ein beeindruckendes Porträt einer Frau, die nicht schweigen will – auch wenn sie damit ihr Leben aufs Spiel setzt.

Die Moderatorin und Enthüllungsjournalistin Carmen Aristegui. Foto:  jpg film & verleih

Am Anfang des Eklats stand ein weißes Haus. Ein ziemlich teureres, mondänes Haus – mit Tiefgarage, lichtdurchflutetem Atrium und Wandbeleuchtungen, die die Farbe wechseln können. Enthüllungsjournalisten hatten herausgefunden, dass der Käufer der sechs Millionen Dollar teuren Villa Enrique Peña Nieto hieß, der damalige Präsident Mexikos. Gebaut wurde sie mutmaßlich von einer Firma, die zuvor eine staatliche Konzession für den Bau einer Bahnstrecke erhalten hatte.

An der Veröffentlichung beteiligt war Carmen Aristegui, eine der berühmtesten Journalistinnen des Landes. Nur wenige Zeit später verlor sie ihren Job als Radiomoderatorin, obwohl sie mit ihrer Sendung täglich mehrere Millionen Mexikaner erreichte. Der Verdacht drängte sich auf, sie sei zensiert worden. Doch Aristegui ließ sich nicht zum Schweigen bringen. Fortan führt sie ihren Kampf mit eigenem Sender im Internet weiter. 

"Ans Licht bringen, was im Schatten liegt"

Die Filmemacherin Juliana Fanjul hat sie für ihren Film "Silence Radio" vier Jahre auf diesem Weg begleitet. Herausgekommen ist das Porträt einer Journalistin, die für ihren Willen zur Wahrheit ihr Leben aufs Spiel setzt. Gleichzeitig ist der Film ein Psychogramm einer Nation, in der die Grenzen zwischen Politik und organisiertem Verbrechen längst nicht mehr klar zu trennen sind.

Als Zuschauer erhält man einen tiefen Einblick, wie Aristegui versucht, diese Verstrickungen offen zu legen. "Ans Licht bringen, was im Schatten liegt", so beendet sie eines ihrer Programme. Dadurch gerät sie jedoch selbst ins Fadenkreuz: In ihre Redaktion wird eingebrochen, ihr Sohn überwacht und im Internet erklären ihre Gegner sie bereits für tot. "Die Gefahr war permanent", sagt Fanjul im Gespräch mit Blickpunkt Lateinamerika, "aber ich habe keine Minute erlebt, in der sie deshalb einmal gelähmt gewesen wäre. Das war nicht bloß Fassade, das war echt. Sie machte einfach immer weiter, als wäre sie süchtig davon." So bringen Aristegui und ihr Team immer weitere Skandale der Regierung ans Licht.

"Hier stehlen wir, weil es keine Strafe gibt"

Dabei zeigt sich eindringlich der Kontrast zwischen der glamourösen Welt des Präsidenten, der so tut, als hätte er alles im Griff, und der Realität vieler Mexikaner, die nicht mehr damit leben wollen, dass Tausende jährlich ermordet werden oder einfach verschwinden. Der Film zeigt einige dieser Verbrechen in aufwühlenden Bildern. Gräueltaten, gegen die der Staat kaum mehr etwas auszurichten vermag, sondern oft sogar Teil des Problems ist. Die Aufklärungsquote unter Peña Nieto lag bei gerade einmal zwei Prozent.

So ist "Silence Radio" engagiertes Kino, das einen die Geschichte der überbordenden Gewalt in Mexiko besser verstehen lässt. Ein Land, in dem alleine vergangenes Jahr 19 Journalisten ermordet wurden – mehr als in jedem anderen Staat, der sich offiziell nicht im Krieg befindet. Für die Gesellschaft ist das fatal, denn es gibt nicht mehr viele, die den korrupten Eliten und Kartellen nachspüren. "Wenn Journalisten ermordet werden, ist die ganze Demokratie in Gefahr", meint Fanjul. Mit ihrer Dokumentation wolle sie die Stimme erheben, um Aufmerksamkeit für das Problem zu erzeugen.  

Gleich zu Beginn des Films heißt es: "Die Gewalt macht uns zu Geiseln und empörten Zuschauern gleichermaßen." Fanjul versucht, sich davon zu befreien, indem sie den Finger in die Wunde legt. Ähnlich wie es Carmen Aristegui mit ihrer Arbeit macht. Denn die Gefahr besteht, dass sich die Nation an den Status Quo gewöhnt; die Korruption, die Verschwundenen, die Toten als ganz normal erachtet. Im Film sagt Fanjul: "Hier stehlen wir, weil es keine Strafe, keine Kontrolle gibt, weil es sicherer ist, durch Schweigen Komplize zu sein. Sicherer, als einer der wenigen zu sein, der spricht und sagt, was niemand hören will." Es braucht mehr Stimmen, die dieses Schweigen brechen.   

Der Kinostart ist der 15. April 2021. Aufgrund der aktuellen Situation ist noch nicht sicher, wo der Film gezeigt werden wird. Weitere Informationen finden Sie in Kürze hier

Autor: Julian Limmer 

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