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Mexiko |

Die große Kaffeekrise

War Mexiko vor gut 30 Jahren noch der viertgrößte Kaffee-Produzent der Welt, so belegt es inzwischen nur noch den elften Platz. 

Mit dem Kaffeeanbau könnte es in zehn Jahren vorbei sein in Mexiko (Foto: Alexas_Fotos, Pixabay)

Mexikos Hauptstadt des Kaffee-Anbaus heißt Coatepec und liegt im Bundesstaat Veracruz, der sich ein langes Stück an der Küste des Golfs von Mexiko entlangzieht. Die Zeiten hier sind, was den Kaffee angeht, schlecht. Und das bereits seit drei Jahrzehnten. Wie die spanische Tageszeitung „El País“ berichtet, reihen sich aufgegebene Plantagen aneinander, denen Schädlingsbefall den Garaus gemacht haben. Immer weniger junge Menschen leben in Coatepec, einem kolonialen Dorf, dessen Name in der indigenen Nahuatl-Sprache „Hügel der Schlangen“ bedeutet.

Coatepec hatte alles auf das „schwarze Gold“ gesetzt und findet keinen Ausweg mehr aus der nicht enden wollenden Krise. Die Mehrheit der 500.000 mexikanischen Kaffeeanbauer steht mit dem Rücken zur Wand. Einst verhieß der Kaffee ein besseres Leben. Der Traum ist ausgeträumt. Wer auf den Plantagen arbeitet, verdient am Tag umgerechnet 8,40 Dollar. Wenig und schlecht bezahlte Arbeit: viele junge Mexikaner zieht es in die USA.

Weltmarktpreis für Kaffee im Keller

Der rasante Verfall des Weltmarktpreises für Kaffee, der Ende 2018 so tief stand wie nie zuvor in diesem Jahrzehnt, ist die Folge des simplen Spiels von Angebot und Nachfrage. Andere Länder produzieren ebenfalls Kaffee, sehr viel Kaffee. Das macht ihn billig. Hinzu kommt die Aufwertung des Peso zum Dollar, die die Produktionskosten verteuert. Ein Kilo Kaffee kostet aktuell weniger als einen halben Dollar. In Mexiko wird der Kaffee von November bis März geerntet. In den vier Monaten Erntezeit muss so viel Geld verdient werden, dass damit die Ausgaben für den Rest des Jahres bestritten werden können. 

Acht von zehn Kaffeeanbauern in Mexiko sind Kleinproduzenten mit einer Fläche von weniger als zwei Hektar. Erschwerend kommt hinzu, dass Kaffee in Gebiergsregionen wächst, die relativ weit entfernt sind von einer entwickelter Infrastruktur und über ein geringes Dienstleistungsangebot verfügen. Überwiegend Indigene bauen Kaffee an. Je weniger Technologie sie nutzen können, desto mehr verliert der Kaffee an Wert. In acht der zehn produktivsten Kaffeeanbaugegenden im Bundesstaat Veracruz sind zwei Drittel der Bevölkerung arm. Das Muster ist das gleiche in jenen Bundesstaaten, auf die sich gemeinsam mit Veracruz 90 Prozent der mexikanischen Kaffeeproduktion konzentrieren: Chiapas, Oaxaca, Puebla und Guerrero. 

Mexikanischer Staat überließ Kaffeeproduktion dem freien Markt

Der Niedergang vollzog sich seit der Auflösung des Instituto Mexicano del Café 1989 unter der Präsidentschaft von Carlos Salinas de Gortari. Die Behörde förderte Entwicklung durch Hilfe bei Technik und Vermarktung. Zu ihrem Ende trugen auch Korruption und schlechte Führung bei. Der Staat war damit aber außen vor, der freie Markt sollte es regeln. Die Folgen sind bis heute spürbar: Der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge belegte Mexiko, das 1987 noch der weltweit viertgrößte Kaffeeproduzent war, 30 Jahre später nur noch den elften Platz. 2016 sank die Produktion auf den tiefsten Stand seit 1960 – Folge des Kaffeepilzes „La Roya“. Die Universidad Veracruzana prophezeit, dass infolge des Klimawandels und der sinkenden Produktivität der Kaffeeanbau in zehn Jahren verschwunden sein könnte. 

Zeitenwende durch AMLO?

Als Hoffnungsträger gibt sich der neue Präsident Andrés Manuel López Obrador. AMLO hat den Kaffeeanbauern Hilfen wie niemals zuvor versprochen. Nicht gut angekommen ist bei den Produzentenverbänden, laut „El País“, aber die Ansiedlung eines Kaffee-Werkes des Konzerns Nestlé, dem größten Lebensmittelhersteller der Welt, in Veracruz. Befürchtet wird eine Abkehr vom traditionellen Arabica-Kaffee, da Nestlé auf jene Sorte setze, die für den löslichen Nescafé verwendet werde. Die robustere Sorte ist preiswerter und von geringerer Qualität. Es zeichnet sich ab, dass die Armut noch zunehmen wird. Außerdem drohen Umweltprobleme.

Ein sarkastischer Kommentar von Cirilo Elotlán vom Verband Consejo de Productores de Coatepec: „Die wollen wohl, dass wir mit Carlos Slim in Wettbewerb treten.“ Der mexikanische Milliardär zählt zu den reichsten Menschen der Welt. Nestlé indes erklärt, man setze auf erstklassigen mexikanischen Kaffee. Das Land sei für das Unternehmen weltweit der fünftwichtigste Markt. Das achtzehnte Nestlé-Werk in Mexiko soll 2020 in Betrieb gehen. Landesweit gibt es Protest von Kaffee-Anbauern gegen das Unternehmen. Sie argwöhnen, dass mal wieder ein Großkonzern vom Staat eine Sonderbehandlung erfährt. Fest steht: Ohne einen Masterplan für Mexikos Kaffee-Sektor sieht es düster aus. 

Quelle, deutsche Bearbeitung: Bernd Stößel

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