Der Tod zweier Mädchen erschüttert Paraguay
Bei einer Militäraktion gegen die EPP-Guerilla in Paraguay kommen auch zwei minderjährige Mädchen ums Leben und werden sofort beerdigt. UN und Kirche fordern nun eine umfassende Untersuchung.
Was genau am vergangenen Mittwoch geschah, ist unklar. Tatsache ist: Bei einer Militäraktion gegen die linksgerichtete EPP-Guerilla in Yby Yaú im Departament Concepción im Norden Paraguays starben auch zwei minderjährige Mädchen. Die Vorfälle haben das Land aufgewühlt; Nichtregierungsorganisationen machen der Einsatztruppe schwere Vorwürfe.
Der zuständige Kommandant Óscar Chamorro erklärte, es sei in der waldreichen Gegend wegen der schlechten Sicht nicht möglich gewesen zu erkennen, ob es sich bei den Kontrahenten des Feuergefechts um Männer, Frauen oder Kinder gehandelt habe. Es sei sehr leicht, über die Taktik zu spekulieren, wenn man nicht dabei gewesen sei, den Kontext und das lokale Terrain nicht kenne, wies Chamorro Vorwürfe einer falschen Einsatztaktik zurück. Man habe nicht erkennen können, von wem die Schüsse abgegeben wurden; und es habe keine andere Möglichkeit gegeben, lebend die Gegend zu verlassen, als selbst zu schießen.
Widersprüchliche Informationen
Bei dem Schusswechsel starben allerdings auch zwei Mädchen. Nach ersten offiziellen Angaben waren sie 15 und 17 Jahre, nach Aussagen der Familie und der EPP dagegen erst 11 und 12 Jahre alt. Eines wurde von zwei Schüssen, das andere von acht Schüssen getroffen, wie eine Obduktion ergab. Beide, María Carmen Villaba (1,55 Meter) und Lilian Mariana (1,65 Meter), sollen laut Militärangaben bewaffnet und mit Guerilla-Uniformen bekleidet gewesen sein.
Die lokale Menschenrechtsorganisation "Codehupy" zieht die offiziellen Darstellungen in Zweifel. Wie bei früheren Vorfällen bei der Armee-Einheit FTC gebe es auch in diesem Fall beunruhigende Charakteristiken, die auf ein Verbrechen des Staates hindeuteten. Es sei unerklärlich, warum die beiden Leichen der Kinder sofort beerdigt wurden, ohne sie zuvor zu identifizieren und ihren Familien zu übergeben. Dies könne darauf hindeuten, dass Hinweise auf ein Verbrechen vertuscht werden sollten.
UN fordert Untersuchung
Der Druck auf die Regierung wächst, die Vorfälle aufzuklären. Wie die Zeitung "ABC" berichtet, forderte ein Vertreter des UN-Menschenrechtskommissariats eine unabhängige und umfassende Untersuchung. Es gebe beunruhigende Informationen über einen Versuch, Beweise der Vorfälle verschwinden zu lassen, sagte UN-Vertreter Jan Jarab. Während der Untersuchungen müssten die internationalen Menschenrechtsnormen eingehalten werden.
Das Außenministerium wies diese Vorwürfe als unverantwortlich zurück. Man habe dem UN-Büro jederzeit alle Informationen zugänglich gemacht. Da die beiden getöteten Kinder Argentinierinnen waren, verlangt auch die dortige Regierung eine Aufklärung der Vorfälle.
Kirche für Aufklärung und Sozialpakt
Auch die Kirche schaltete sich in die Debatte ein. Das Vorgehen während der Militäroperation sei verwirrend, wecke Zweifel und werfe Fragen auf, zitiert "Ultima Hora" aus einem Schreiben der Paraguayischen Bischofskonferenz. Alle beteiligten Institutionen müssten die Geschehnisse so schnell wie möglich aufklären. Die Bischöfe verurteilten jede Art von extremistischer Gewalt. Es brauche einen Sozialpakt von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um das Gemeinwohl zu stärken.
Nicht gänzlich geklärt ist, ob die beiden Mädchen - wie von offiziellen Stellen behauptet - tatsächlich der linksgerichteten Guerilla-Organisation EPP angehörten. Allerdings werden immer wieder Kindersoldaten rekrutiert. Das sogenannte Paraguayische Volksheer (EPP) macht seit 2005 mit gewaltsamem Protest vor allem in der Region Concepción auf sich aufmerksam. Ziel ist ein Umbau von Staat und Gesellschaft nach sozialistischem Vorbild.